Das Tarifgeschehen 2015 wurde durch eine Reihe von harten Arbeitskämpfen geprägt: Dies betraf die Tarifverhandlungen um die Aufwertung des Sozial- und Erziehungsdienstes, die Auseinandersetzung bei der Deutschen Post AG um die Absenkung der Tarife für die ZustellerInnen in neu gegründeten Regionalgesellschaften und nicht zuletzt den Konflikt zwischen der Deutschen Bahn AG und der GDL. Bei der Berliner Charité streikten die Beschäftigten für einen Tarifvertrag zur Personalbemessung. Des Weiteren ist der von zahlreichen Streiks begleitete Tarifkonflikt zwischen der Vereinigung Cockpit und der Deutschen Lufthansa um die Altersversorgung zu nennen, der bis zum Jahresende nicht gelöst werden konnte. Und wiederholt streikten die Beschäftigten bei Amazon um die Durchsetzung eines Tarifvertrages. Die Lohnrunde 2015 führte im Vorjahresvergleich zwar zu niedrigeren Abschlussraten. Aber die jahresbezogene Tarifanhebung von durchschnittlich 2,7 % bewirkte wegen der extrem niedrigen Verbraucherpreisentwicklung eine preisbereinigte reale Tarifsteigerung von 2,4 %.
Nach Abschluss der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst finden traditionell sogenannte Beteiligungsgespräche zwischen den jeweiligen Landesregierungen und Gewerkschafts-vertretern zur Beamtenbesoldung statt, in denen die Gewerkschaften regelmäßig die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung der Tarifanpassungen auf die Beamtinnen und Beamten fordern.
In der chemischen Industrie kann die IG BCE auf erfolgreiche Tarifrunden der vergangenen Jahre zurückblicken. Mit überdurchschnittlichen Abschlussraten und vergleichsweise kurzen Laufzeiten zwischen 11 und maximal 18 Monaten fällt die Bilanz seit 2010 rundum positiv aus.
Der seit Mitte 2014 laufende Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn AG hatte bis zum Jahresende noch kein Ergebnis erbracht. Der Grundlagentarifvertrag aus dem Jahr 2008, der eine Arbeitsteilung zwischen der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) im DGB und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) beinhaltete, war Ende Juni 2014 ausgelaufen (vgl. WSI-Tarifbericht 2014). Auf eine Verlängerung konnten sich die Tarifparteien nicht verständigen. Die GDL trat in dieser Tarifrunde erneut mit dem Anspruch an, für die Lokomotivführer und darüber hinaus auch für Lokomotivrangierführer, Zugbegleiter, Bordgastronomen, Disponenten und Instruktoren/Trainer zu verhandeln. Die EVG ihrerseits erklärte daraufhin, dass sie künftig wieder einen eigenständigen Tarifvertrag für die bei ihr organisierten Lokomotivführer abschließen wolle.
Ein von ver.di geführter heftiger Arbeitskampf prägte die tarifpolitischen Auseinandersetzungen bei der Deutschen Post AG im Jahr 2015. Anlass war die Strategie der Deutschen Post einen Teil der bislang zum Haustarif befristet angestellten Beschäftigten in deutlich niedriger tarifierte neu gegründete 49 DHL Delivery GmbHs abzuschieben. Das Unternehmen begründete sein Vorgehen mit der Wettbewerbssituation und verwies auf die deutlich geringeren Lohnkosten der Wettbewerber. Tatsächlich lagen die Löhne für Kuriere bzw. Paketzusteller etwa auf Basis der Speditionstarifverträge je nach Region und Stufe zwischen 10 und knapp 40 % unter dem Tariflohn bei der Deutschen Post AG (ver.di Tarifvergleich April 2015).
Die Metallindustrie setzte in der Tarifrunde 2015 die zentrale Orientierungsmarke. Nach einer relativ kurzen Verhandlungsphase von sechs Wochen, die von umfangreichen Warnstreiks begleitet wurde, erreichten die Tarifvertragsparteien bereits Ende Februar ein Tarifergebnis, das von seiner materiellen Seite den Rahmen für die anderen Branchen absteckte.
Im öffentlichen Dienst wird jährlich im Wechsel für die Tarifgebiete Bund und Gemeinden bzw. Länder verhandelt. In diesem Jahr standen die Tarifverträge für die Beschäftigten der Länder auf dem tarifpolitischen Terminkalender, die zum Jahresende 2014 ausgelaufen waren (1). Der Abschluss für Bund und Gemeinden aus dem Vorjahr umfasste eine zweistufige Tariferhöhung von 3,0 % (mindestens 90 €) und 2,4 % für 2014 und 2015 und prägte damit auch den Erwartungshorizont für die aktuelle Tarifrunde.
In der Tarifrunde 2015 ging es den Gewerkschaften ver.di, GEW (und dbb) im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst um eine Aufwertung der beruflichen Arbeit. Erstmals nach 25 Jahren sollten rund 50 Tätigkeitsmerkmale grundlegend überarbeitet und neu bewertet werden (Pieper/Wegner 2015). Damit sollte den gewandelten und erheblich gestiegenen Anforderungen in diesem Berufsfeld Rechnung getragen werden. Ein Ergebnis konnte erst nach einem mehrwöchigen Arbeitskampf, anschließender Schlichtung, Ablehnung in einer Mitgliederbefragung und erneuten Nachverhandlungen erreicht werden.
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