Quelle: WSI
TarifarchivTarifrunde 2009: Bauhauptgewerbe
Im Bauhauptgewerbe lag der letzte Abschluss knapp zwei Jahre zurück. Im Mai 2007 erreichte die IG BAU nach knapp dreiwöchigem Streik eine dreistufige Tariferhöhung. Der Vertrag lief zum 31.3. dieses Jahres aus. In dieser Tarifrunde forderte die IG BAU am 22.1. eine Erhöhung der Einkommen um 6 % sowie eine weitere Angleichung des Ost- an das West-Niveau.
Hauptbegründung der Gewerkschaft war die positive Branchenentwicklung. "Die Gewinne in der Bauwirtschaft sind in den letzten sechs Jahren kräftig gestiegen, die Einkommen der Beschäftigten aber real gesunken", so IG BAU-Vorsitzender Klaus Wiesehügel. Die Bauarbeitgeber wiesen die Forderung als völlig überzogen zurück. Sicherung der Arbeitsplätze und der Wettbewerbsfähigkeit müssten Vorrang vor Einkommensverbesserungen haben.
In den ersten drei Verhandlungsrunden am 5.3., 26.3. und 5.5. legten die Arbeitgeber kein Angebot vor. Sie forderten jedoch die Abkoppelung der Ausbildungsvergütungen von einer eventuellen Erhöhung der Löhne und Gehälter. Eine Annäherung konnte auch nicht bezüglich der von der IG BAU geforderten Ost-West-Angleichung gefunden werden. Die Arbeitgeber wollten hier u.a., dass für Berlin zukünftig die Tarifregelungen des Bundesgebietes Ost gelten. Außerdem forderten sie den Wegfall des Mindestlohns 2.
Die IG BAU erklärte am 11.5. das Scheitern der Verhandlungen und rief die Schlichtung an. Sie begann unter Vorsitz des früheren Wirtschafts- und Arbeitsministers Wolfgang Clement am 22.5. und konnte nach 18-stündigen Verhandlungen am 23.5. durch einen einstimmigen Schiedsspruch erfolgreich beendet werden. Das Ergebnis sah folgendermaßen aus:
- Pauschalzahlung von insgesamt 60 € für die Monate April und Mai
- West und Berlin: Erhöhung der Tariflöhne und -gehälter ab Juni um 2,3 %
- Stufenerhöhung ab April 2010 um weitere 2,3 %
- Ost: Erhöhung um die Cent-Beträge, die sich durch die prozentuale Erhöhung im Westen ergeben (entspricht jeweils 2,6 %)
- Auszubildende: nach 2 Nullmonaten (April und Mai) Erhöhungen von jeweils 2,3 % ab Juni 2009 und April 2010. Davon abweichend wird die Ausbildungsvergütung im 1. Ausbildungsjahr ab Juni 2009 um 20 € erhöht
- Laufzeit bis zum 31. März 2011.
Zum Mindestlohn wurden Anhebungen in West und Ost, aber auch der Wegfall des zweiten Mindestlohnes für Angelernte in Ostdeutschland vereinbart (siehe Tabelle 2):
- Bundesgebiet West: Anhebung der Mindestlöhne bis Juli 2011 in drei Stufen in der Lohngruppe 1 von 10,70 € auf 11 €, in der Lohngruppe 2 von 12,85 € auf 13 €.
- Bundesgebiet Ost: Erhöhung des Mindestlohnes der Lohngruppe 1 in drei Stufen von 9,00 € auf 9,75 € bis Juli 2011 und Wegfall der Lohngruppe 2 als Mindestlohngruppe
- Laufzeit der Mindestlohn-Tarifverträge bis Ende November 2011.
Tabelle 2: Tariflicher Mindestlohn im Bauhauptgewerbe in Euro
Bauhaupt- gewerbe |
388.900 | ab 09/2008 | ab 09/2009 | ab 09/2010 | ab 07/2011 |
West inkl. Berlin |
Werker |
10,70 |
10,80 |
10,90 |
11,00 |
Fachwerker |
12,85 (Berlin: 12,70) |
12,90 (Berlin: 12,75) |
12,95 (Berlin: 12,75) |
13,00 (Berlin: 12,85) |
|
Ost |
Werker |
9,00 |
9,25 |
9,50 |
9,75 |
Fachwerker |
9,80 |
- * |
- |
- |
* Wegfall als Mindestlohngruppe
Die in den Lohntarifverträgen West und Ost sowie im Standortsicherungs-Tarifvertrag für Berlin enthaltenen Absenkungsmöglichkeiten der Löhne werden von 8 auf 6 % verringert. Ferner sieht der Schiedsspruch vor, dass eine technische Kommission gebildet wird, die in den nächsten 2 Jahren eine verbindliche Grundlage für die Angleichung des Ost- an das West-Niveau für die nächsten Lohn- und Gehaltstarifverhandlungen entwickeln soll.
Die IG BAU sprach von einem tragfähigen Kompromiss in wirtschaftlich schwieriger Zeit, der Reallohnerhöhungen - ohne Kompensierung an anderen Stellen - vorsieht und den Flächentarifvertrag erhält.
Quelle: WSI-Tarifbericht 2009 Stand: Juli 2009