WSI GenderDatenPortal: Bildung: Frauen- und Männeranteil an dualer Ausbildung nach Berufsbereich 2021
Grafiken, Analysen, Tabellen (pdf)
Frauen absolvieren in Deutschland im Jahr 2021 deutlich seltener als Männer eine Berufsausbildung im Rahmen des dualen Ausbildungssystems. Sie stellen insgesamt nur ein gutes Drittel aller Auszubildenden im dualen System (vgl. Grafik 1).
Innerhalb des dualen Ausbildungssystems in Deutschland verteilen sich Frauen und Männer dann auffallend ungleich auf die verschiedenen Berufsbereiche:
- Die Bereiche Landwirtschaft und vor allem das Handwerk sind Männerdomänen. In der Landwirtschaft sind nur rund ein Viertel der Auszubildenden Frauen, in den handwerklichen Berufen sogar nur ein Sechstel.
- Im Berufsbereich Industrie und Handel sind Frauen entsprechend ihres Gesamtanteils an allen betrieblichen Auszubildenden vertreten – sie stellen ein Drittel aller Auszubildenden.
- Im Berufsbereich Öffentlicher Dienst werden überproportional häufig Frauen ausgebildet: Sie stellen hier rund 60 Prozent aller Auszubildenden, nur 40 Prozent der Auszubildenden sind Männer.
- Ausbildungen im Bereich Hauswirtschaft sowie in den Freien Berufen (z.B. Steuerfachangestellte oder medizinische Fachangestellte) sind hingegen Frauendomänen: Hier liegt der Frauenanteil der Auszubildenden bei 85 Prozent bzw. 91 Prozent.
Betrachtet man beide Geschlechtergruppen getrennt nach den Berufsbereichen in denen sie ihre duale Ausbildung absolvieren, so werden ausgeprägte geschlechterspezifische Unterschiede bei der Berufswahl deutlich (vgl. Grafik 2):
- Mehr als ein Drittel der Männer absolviert die duale Ausbildung in einem handwerklichen Beruf (36 Prozent), mehr als die Hälfte erlernen einen Beruf im Bereich Industrie und Handel (58 Prozent). Damit entfallen auf diese beiden Berufsbereiche zusammen über 90 Prozent der männlichen Auszubildenden im dualen System. Am seltensten entscheiden sich Männer für eine duale Ausbildung im Bereich Hauswirtschaft (0,1 Prozent der männlichen Auszubildenden).
- Auch die Mehrheit der auszubildenden Frauen entscheidet sich für eine betriebliche Ausbildung im Bereich Industrie und Handel (54 Prozent). Am zweithäufigsten ist unter Frauen jedoch eine duale Ausbildung in einem der Freien Berufe, fast jede vierte Auszubildende wird hier ausgebildet (24 Prozent; im Vergleich zu nur jedem Hundertsten Mann). Deutlich nachrangiger als für Männer ist für Frauen jedoch die Ausbildung in einem handwerklichen Beruf (Frauen: 14 Prozent, Männer: 36 Prozent).
Bei den stark differierenden Entscheidungen von Frauen und Männern, in welchem Berufsbereich sie ihre duale Ausbildung absolvieren, zeigen sich nur wenig regionale Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland.
- In Westdeutschland entscheiden sich Frauen häufiger für eine Ausbildung in einem der Freien Berufe als in Ostdeutschland (Westdeutschland: 25 Prozent, Ostdeutschland: 18 Prozent).
- In Ostdeutschland entscheiden sich Frauen etwas häufiger für eine Ausbildung im Öffentlichen Dienst (Ostdeutschland: 9 Prozent, Westdeutschland: 6 Prozent).
Hintergrund: Die vorhandene geschlechtliche Segregation innerhalb des dualen Ausbildungssystems erklärt sich u.a. durch stark geschlechterspezifische Prozesse bei der Entscheidung für den jeweils angestrebten Beruf. Dies zeigt der Blick auf die 25 häufigsten Ausbildungsberufe bei Frauen bzw. bei Männern. (1) Bei der Berufswahl spielen Geschlechterstereotype in Bezug auf typische „Frauenberufe“ oder „Männerberufe“ genauso eine Rolle wie die jeweiligen Arbeitsbedingungen im späteren Beruf (z.B. die dort übliche Arbeitszeitdauer oder die dortigen Verdienstmöglichkeiten). (2) Hinzu kommt, dass sich frauen- und männerdominierte Berufe in der Qualität der Ausbildung, z.B. hinsichtlich der Ausbildungsvergütung, zu Ungunsten der „Frauenberufe“ unterscheiden. Auszubildende in Berufen mit überdurchschnittlich vielen Frauen geben häufiger an, unzufrieden und überfordert zu sein. (3) Dass sich junge Frauen trotzdem für diese Bereiche entscheiden, hängt neben bestehenden Rollenbildern auch mit dem für sie immer noch erschwerten Zugang zu männerdominierten Berufen zusammen. (4)
Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.
Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau, Maike Wittmann
Literatur
Deutscher Gewerkschaftsbund (2022): Ausbildungsreport 2022. DGB Jugend, letzter Zugriff: 14.08.2023.
Hans-Böckler-Stiftung (2015): Zweigeteilte Arbeitswelt, In: Böckler Impuls Nr. 20/2015, S.3, letzter Zugriff: 14.08.2023.
Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2022): Die 25 häufigsten Ausbildungsberufe von Frauen und Männern 2020. In: WSI GenderDatenPortal.
Kroll, Stephan (2021): Allein unter Männern, allein unter Frauen. Geschlechtsspezifische Entwicklungen in dualen Männer- und Frauenberufen und Unterschiede im Ausbildungsverlauf, In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis. Zeitschrift des Bundesinstituts für Berufsbildung Nr. 4, 2021, letzter Zugriff: 14.08.2023.
Statistisches Bundesamt (2022): Bildung und Kultur. Berufliche Bildung 2021, Fachserie 11 Reihe 3, letzter Zugriff: 14.08.2023.
(1) Vgl. Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2022): Die 25 häufigsten Ausbildungsberufe von Frauen und Männern 2020. In: WSI GenderDatenPortal.
(2) Vgl. Hans-Böckler-Stiftung (2015): Zweigeteilte Arbeitswelt, In: Böckler Impuls Nr. 20/2015, S.3.
(3) Vgl. Deutscher Gewerkschaftsbund (2022): Ausbildungsreport 2022. DGB Jugend, S. 66.
(4) Vgl. Kroll, Stephan (2021): Allein unter Männern, allein unter Frauen, In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, S. 20.