zurück

WSI GenderDatenPortal: Bildung: Teilnahme an Weiterbildung nach Art der Weiterbildung 2012-2022

Download Daten (xlsx)

Grafiken, Analysen, Tabellen (pdf)

 

Erwerbstätige Frauen in Deutschland beteiligen sich im Jahr 2022 etwas häufiger als Männer an Weiterbildungen. Etwas mehr als zwei Drittel der erwerbstätigen Frauen (69 Prozent) sowie knapp zwei Drittel der erwerbstätigen Männer (63 Prozent) im Alter zwischen 18 und 64 Jahren haben 2022 an einer Weiterbildung teilgenommen. Die Beteiligung variiert stark nach Art der besuchten Weiterbildung, hier zeigen sich teilweise stark ausgeprägte geschlechterbezogene Unterschiede (vgl. Grafik 1):

  • Am häufigsten werden in Deutschland betriebliche Weiterbildungen besucht, die ganz oder überwiegend in der bezahlten Arbeitszeit stattfinden oder vom Arbeitgeber finanziert werden. An betrieblichen Weiterbildungen nehmen Frauen (62 Prozent) etwas häufiger als Männer teil (59 Prozent).
  • Auch individuelle berufsbezogene Weiterbildungen absolvieren erwerbstätige Frauen (9 Prozent) deutlich häufiger als erwerbstätige Männer (5 Prozent).
  • Ausgeprägte geschlechterbezogene Unterschiede zeigen sich schließlich auch bei Weiterbildungen ohne (unmittelbaren) Berufsbezug: Fast jede fünfte erwerbstätige Frau (18 Prozent), aber nur etwa jeder achte erwerbstätige Mann (12 Prozent) absolviert 2022 eine nicht berufsbezogene Weiterbildung.

Innerhalb des gesamten Beobachtungszeitraums 2012 bis 2022 weist das Jahr 2020 die höchste Teilnahmequoten an allen drei Weiterbildungsarten auf, dies gilt für Frauen genauso wie für Männer. Auch im Jahr 2022 sind die Teilnahmequoten demgegenüber nur minimal zurückgegangen.

  • Bei den betrieblichen Weiterbildungen zeigt sich der stärkste Anstieg der Teilnahmequoten von Frauen (um 18 Prozentpunkte zwischen 2012 bis 2022), während die der Männer zeitgleich nur um 11 Prozentpunkte anstieg. Seit dem Jahr 2022 haben die Frauen die Männer bei der Teilnahme an betrieblichen Weiterbildungen überholt.
  • An individuellen berufsbezogenen Weiterbildungen sowie nicht berufsbezogenen Weiterbildungen nehmen erwerbstätige Frauen über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg erkennbar häufiger teil als erwerbstätige Männer.

Für das Jahr 2022 zeigen sich einige regionale Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland für die Weiterbildungsquoten von erwerbstätigen Frauen und Männer (vgl. Grafik 2):

  • Die betriebliche Weiterbildungsquote fällt für Frauen in Ostdeutschland um vier Prozentpunkte höher aus als in Westdeutschland (Ost: 65 Prozent gegenüber West: 61 Prozent). Da sich für Männer keine regionalen Unterschiede zeigen (jeweils 59 Prozent), ergibt sich für Ostdeutschland ein größerer geschlechterbezogener Abstand (6 Prozentpunkte) als für Westdeutschland (2 Prozentpunkte).
  • Die Teilnahmequoten von Frauen in Ostdeutschland an individuellen berufsbezogenen sowie nicht berufsbezogenen Weiterbildungen fallen hingegen etwas geringer aus als die in Westdeutschland (um 2 bzw. 5 Prozentpunkte). Weil sich erneut bei Männern kaum regionale Unterschiede zeigen, ergibt sich daher hier für Westdeutschland ein etwas größerer geschlechterbezogener Abstand (4 bzw. 7 Prozentpunkte) als für Ostdeutschland (jeweils 3 Prozentpunkte).

Die niedrigere Teilnahmequote von Frauen an betrieblichen Weiterbildungen (im Vergleich zu Männern) vor dem Jahr 2020 erklärte sich bisher vor allem durch folgende Faktoren: (1)

  • Umfang der Erwerbstätigkeit: In Deutschland arbeiten Frauen sehr viel häufiger in Teilzeit, während Männer ganz überwiegend in Vollzeit tätig sind. (2) Frauen und Männer in Vollzeit beteiligen sich häufiger an betrieblichen Weiterbildungen, als Frauen und Männer, die Teilzeit arbeiten. (3)
  • Stellung im Betrieb: Mit der betrieblichen Position steigt die Teilnahmequote an Weiterbildungen deutlich an. (4) Im Ergebnis wirkt sich dies nachteilig für Frauen aus, denn in Deutschland sind Frauen in den höheren betrieblichen Positionen immer noch deutlich unterrepräsentiert. (5)

Die Teilnahme an betrieblicher Weiterbildung kann sogar aktiv zur Ungleichheit beitragen, denn: „Weiterbildung führt nicht per se zu einem Ausgleich der Bildungsungleichheiten, sondern kann bestehende Ungleichheiten sogar verstärken“, da der Zugang zu betrieblicher Weiterbildung höchst „sozial selektiv“ ist, Arbeitgeber Weiterbildung als „Investition“ in das „Humankapital“ verstehen und Beschäftigte damit „etwa aufgrund von Herkunft, Geschlecht, Alter und Bildungsniveau unterschiedliche Weiterbildungschancen“ im Betrieb erhalten. (6)

Umso bemerkenswerter ist daher, dass die Teilnahmequote von Frauen an betrieblicher Weiterbildung seit dem Jahr 2020 etwas höher ausfällt als die der Männer. Auch unter Kontrolle weiterer Einflussfaktoren zeigen sich seit 2020 in multivariaten Analysen erstmals robuste Unterschiede zwischen Frauen und Männern: „Frauen beteiligen sich häufiger an Weiterbildung als Männer, und sie tun dies auch unter Kontrolle des beruflichen Kontexts.“ (7) (8) Dabei gilt aber weiterhin, dass in der Gruppe der Hochqualifizierten Männer höhere Teilnahmequoten an betrieblicher Weiterbildung aufweisen als Frauen. (9) Umgekehrt nehmen aber Frauen ohne akademische Ausbildung häufiger an betrieblichen Weiterbildungen teil als entsprechende Männer – und dies führt dann zur insgesamt höheren betrieblichen Weiterbildungsquote von erwerbstätigen Frauen.

Aus- und Weiterbildungsgesetz: Seit dem 01. August 2024 trat das „Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“ vollumfänglich in Kraft. (10) Vor dem Hintergrund der sozial-ökologischen Transformation des Arbeitsmarktes, demographischer Veränderungen, neuer Technologien und des Fachkräftemangels stellt dabei insbesondere das neu eingeführte Qualifizierungsgeld ein zentrales Instrument der Beschäftigungssicherung dar. (11) Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Qualifizierungsgeldes durch Beschäftigte ist, dass ein strukturwandelbedingter Qualifizierungsbedarf eines wesentlichen Teils der Belegschaft (20 Prozent bei mindestens 250 Beschäftigten, 10 Prozent bei weniger als 250 Beschäftigten) in einer betriebsbezogenen Regelung oder einem Tarifvertrag festgehalten wurde. (12) Die nächste Erhebung des Adult Education Survey wird zeigen, ob dieses Gesetz zu steigenden Weiterbildungsquoten beitragen kann.

Empirische Studien belegen, dass Weiterbildung in mitbestimmten Unternehmen häufiger angeboten, genutzt und besser finanziert wird als in nicht-mitbestimmten Unternehmen. (13) Für eine aktive und sinnvolle Mitwirkung von Betriebsräten an betrieblichen Weiterbildungsentscheidungen brauchen diese jedoch frühzeitige Kenntnis über betriebliche Strategieentwicklungen und müssen in die im Betrieb anstehenden Veränderungs- und Modernisierungsprojekte von Anfang an mit einbezogen werden. Damit Betriebsräte zukünftig eine Mediatorrolle für die Umsetzung von Qualifizierung und Weiterbildung im Betrieb übernehmen können, brauchen sie entsprechende erweiterte, verbindliche Mitbestimmungsrechte. (13)

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

 

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau

 

Literatur

Bundesministerium für Arbeit und Soziales (o.J.): Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung, Aus- und Weiterbildungsgesetz, letzter Zugriff: 03.09.2024.

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)/Verian (2024): Erhebung zum Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2022 (AES 2022), Methodenbericht, In: Bundesministerium für Bildung und Forschung/Verian (2024): Erhebung zum Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2022 (AES 2022), Handbuch zur Datennutzung, letzter Zugriff: 03.09.2024.

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)/Verian (2024): Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2022, Ergebnisse des Adult Education Survey – AES-Trendbericht, Bonn., letzter Zugriff: 03.09.2024.

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2021): Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2020, Ergebnisse des Adult Education Survey – AES-Trendbericht, Bonn., letzter Zugriff: 03.09.2024.

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2015): Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2014. Ergebnisse des Adult Education Survey – AES-Trendbericht, Bonn, letzter Zugriff: 03.09.2024.

Deutscher Bildungsrat (1970): Strukturplan für das Bildungswesen. Stuttgart.

Erol, Serife/Ahlers, Elke (2023): Betriebliche Weiterbildung als Handlungsfeld der Betriebsräte in Zeiten der Transformation, Eine Analyse der WSI-Betriebs- und Personalrätebefragung, Wirtschafts- und sozialwissenschaftliches Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI): WSI Policy Brief, Nr. 77, 04/2023, Düsseldorf, letzter Zugriff: 03.09.2024.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024): Betriebliche Führungspositionen nach Führungsebene 2004-2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023): Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten 1991–2021.

Räder, Evelyn/Pusch, Toralf (2024): Fachkräfte fördern und Arbeitsplätze sichern – Handlungsmöglichkeiten von Betriebsräten bei der Umsetzung des Weiterbildungsgesetzes. In: Arbeit und Recht, Heft 6/2024, Frankfurt am Main: Bund Verlag, letzter Zugriff: 03.09.2024.


(1) Vgl. auch BMBF/Verian (2024): Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2022, S. 36f.

(2) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023): Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten 1991–2021.

(3) Vgl. BMBF/Verian (2024): Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2022, S. 27.

(4) Vgl. a.a.O., S. 28.

(5) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024): Betriebliche Führungspositionen nach Führungsebene 2004-2022.

(6) Erol, Serife/Ahlers, Elke (2023): Betriebliche Weiterbildung als Handlungsfeld der Betriebsräte in Zeiten der Transformation, Eine Analyse der WSI-Betriebs- und Personalrätebefragung, S. 2.

(7) BMBF (2021): Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2020, S. 37.

(8) Vgl. BMBF (2024): Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2022, S. 34.

(9) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024): Teilnahme an Weiterbildung nach Qualifikationsniveau 2022.

(10) Vgl. BMAS (o.J.): Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung, Aus- und Weiterbildungsgesetz.

(11) Räder, Evelyn/Pusch, Toralf (2024): Fachkräfte fördern und Arbeitsplätze sichern – Handlungsmöglichkeiten von Betriebsräten bei der Umsetzung des Weiterbildungsgesetzes, S. 239.

(12) A.a.O., S. 240.

(13) Erol, Serife/Ahlers, Elke (2023): Betriebliche Weiterbildung als Handlungsfeld der Betriebsräte in Zeiten der Transformation, Eine Analyse der WSI-Betriebs- und Personalrätebefragung, S. 17.

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrem Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen