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WSI GenderDatenPortal: Bildung: Teilnahme an Weiterbildung nach Qualifikationsniveau 2022

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Hochqualifizierte Frauen nehmen im Jahr 2022 in Deutschland seltener an betrieblichen Weiterbildungen teil als hochqualifizierte Männer, aber häufiger an individuellen berufsbezogenen bzw. nicht-berufsbezogenen Weiterbildungen. Erwerbstätige Frauen ohne akademischen Abschluss nehmen hingegen an allen Weiterbildungsarten häufiger teil als vergleichbare Männer.

Hochqualifizierte Frauen und Männer – hier definiert als Erwerbstätige mit akademischem Abschluss – weisen insgesamt und bei allen Weiterbildungsarten höhere Teilnahmequoten auf als erwerbstätige Frauen und Männer ohne akademischen Abschluss. Zugleich lassen sich für beide Qualifikationsgruppen in allen drei Weiterbildungsarten geschlechterspezifische Unterschiede feststellen, die bei den Hochqualifizierten teilweise sogar noch etwas deutlicher ausfallen.

Unter den Hochqualifizierten absolvieren im Jahr 2022 jeweils vier von fünf Frauen und Männern mindestens eine der drei Weiterbildungsarten (81 Prozent).

  • Gerade an den betrieblichen Weiterbildungen beteiligen sich hochqualifizierte Männer vergleichsweise häufig – und auch häufiger als hochqualifizierte Frauen (75 Prozent gegenüber 71 Prozent).
  • Demgegenüber absolvieren hochqualifizierte Frauen deutlich häufiger eine individuelle berufsbezogene Weiterbildung außerhalb ihrer Arbeitszeit (18 Prozent) als vergleichbare Männer (10 Prozent).
  • Auch an Weiterbildungen ohne (direkten) beruflichen Bezug nehmen hochqualifizierte Frauen (27 Prozent) deutlich häufiger teil als Männer (19 Prozent).

Ein anderes Bild ergibt sich für Erwerbstätige mit beruflichen Abschlüssen unterhalb des akademischen Niveaus. Nur (knapp) drei von vier Erwerbstätigen ohne akademischen Abschluss haben im Jahr 2022 überhaupt an mindestens einer der drei Weiterbildungsarbeiten teilgenommen. Die Teilnahmequote der Frauen ist hier mit 64 Prozent jedoch deutlich höher als die der Männer (58 Prozent):

  • Mehr als die Hälfte der Nicht-Akademiker*innen hat an einer betrieblichen Weiterbildung teilgenommen: Frauen (59 Prozent) etwas häufiger als Männer (54 Prozent).
  • Eine berufsbezogene individuelle Weiterbildung besuchen Erwerbstätige ohne akademischen Abschluss im Jahr 2022 deutlich seltener als akademisch ausgebildete Erwerbstätige. Zudem zeichnen sich deutliche Geschlechterunterschiede ab: Jede sechste Frau (18 Prozent), aber nur jeder zehnte Mann (10 Prozent) absolvierte eine solche Weiterbildung außerhalb des Betriebs.
  • Auch bei den nicht-berufsbezogenen Weiterbildungen sind die Frauen (15 Prozent) deutlich aktiver als die vergleichbar qualifizierten Männer (10 Prozent).

Fazit und Ausblick: Wegen der sehr deutlichen Lücke in der Weiterbildungsteilnahme von Hochqualifizierten und nicht-akademisch ausgebildeten Erwerbstätigen spricht der Deutsche Gewerkschaftsbund von einer Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Weiterbildung. (1) Es sind jedoch vor allem hochqualifizierte Männer, die besonders häufig an betrieblichen Weiterbildungen partizipieren. Neben dem Qualifikationsniveau beeinflussen weitere Faktoren die Teilnahmequote von Frauen und Männern an Weiterbildung, wie etwa der Erwerbsumfang (Vollzeit/Teilzeit), die betriebliche Position, das Alter und/oder ein möglicher Migrationshintergrund. (2) Die gegenüber Männern geringere Teilnahmequote von hochqualifizierten Frauen lässt sich damit erklären, dass sie häufiger als Männer in Teilzeit arbeiten und seltener Führungspositionen inne haben. (3) (4)

Schon im Bildungsbericht des Jahres 2012 wurde darauf hingewiesen, „dass sich soziale Disparitäten vor allem in der betrieblichen Weiterbildung verfestigt zu haben scheinen.“ (5) Auch aktuell ist betriebliche Weiterbildung durch Ungleichheit gekennzeichnet: „Weiterbildung führt nicht per se zu einem Ausgleich der Bildungsungleichheiten, sondern kann bestehende Ungleichheiten sogar verstärken (»Matthäus-Effekt«: Wer hat, dem wird gegeben)“. (6) Denn: aufgrund des „Kosten-Nutzen-Kalküls“ der Arbeitgeber haben Beschäftigte aufgrund ihrer individuellen Merkmale unterschiedliche Chancen auf betriebliche Weiterbildung. (7) Allerdings zeigen empirische Studien, dass Weiterbildungen in mitbestimmten Unternehmen häufiger angeboten, häufiger genutzt und besser finanziert werden als in nicht-mitbestimmten Unternehmen. (8) Auch vor dem Hintergrund der fortschreitenden sozial-ökonomischen Transformation des Arbeitsmarktes ist es deshalb wichtig, die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte weiter zu stärken. (9).

Im Jahr 2024 trat das „Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“ vollumfänglich in Kraft. (10) Vor dem Hintergrund der sozial-ökologischen Transformation des Arbeitsmarktes und des Fachkräftemangels wird damit das Qualifizierungsgeld als „neues Instrument zur Sicherung von Beschäftigung im Wandel“ etabliert. (11) Die Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Qualifizierungsgeldes durch Beschäftigte ist, dass ein strukturwandelbedingter „Qualifizierungsbedarf eines wesentlichen Teils (…) der Belegschaft (20% bei mindestens 250 Beschäftigten, bei weniger als 250 Beschäftigten 10 %) in einer betriebsbezogenen Regelung oder einem Tarifvertrag festgehalten wurde“. (12)

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau

Literatur

Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2012): Bildung in Deutschland 2012. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zur kulturellen Bildung im Lebenslauf, Bielefeld, letzter Zugriff: 03.09.2024.

Bundesministerium für Arbeit und Soziales (o.J.): Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung, Aus- und Weiterbildungsgesetz, letzter Zugriff: 03.09.2024.

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)/Verian (2024): Erhebung zum Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2022 (AES 2022), Methodenbericht, S. 7 In: Bundesministerium für Bildung und Forschung/Verian (2024): Erhebung zum Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2022 (AES 2022), Handbuch zur Datennutzung, letzter Zugriff: 03.09.2024.

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)/Verian (2024): Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2022, Ergebnisse des Adult Education Survey – AES-Trendbericht, Bonn., letzter Zugriff: 03.09.2024.

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2015): Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2014. Ergebnisse des Adult Education Survey – AES-Trendbericht, Bonn, letzter Zugriff: 03.09.2024.

Deutscher Bildungsrat (1970): Strukturplan für das Bildungswesen. Stuttgart.

Deutscher Gewerkschaftsbund (2015): Die Zwei-Klassen-Gesellschaft. DGB-Analyse zur sozialen Spaltung in der Weiterbildung, von Matthias Anbuhl. Berlin: DGB-Bundesvorstand.

Erol, Serife/Ahlers, Elke (2023): Betriebliche Weiterbildung als Handlungsfeld der Betriebsräte in Zeiten der Transformation, Eine Analyse der WSI-Betriebs- und Personalrätebefragung, Wirtschafts- und sozialwissenschaftliches Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI): WSI Policy Brief, Nr. 77, 04/2023, Düsseldorf, letzter Zugriff: 03.09.2024.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024): Betriebliche Führungspositionen nach Führungsebene 2004-2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023): Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten 1991–2021.

Räder, Evelyn/Pusch, Toralf (2024): Fachkräfte fördern und Arbeitsplätze sichern – Handlungsmöglichkeiten von Betriebsräten bei der Umsetzung des Weiterbildungsgesetzes. In: Arbeit und Recht, Heft 6/2024, Frankfurt am Main: Bund Verlag, https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-startklar-fur-die-transformation-61650.htm, letzter Zugriff: 03.09.2024.


(1) Vgl. Deutscher Gewerkschaftsbund (2015): Die Zwei-Klassen-Gesellschaft. DGB-Analyse zur sozialen Spaltung in der Weiterbildung 2015, von Matthias Anbuhl.

(2) Vgl. BMBF/Verian (2024): Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2022.

(3) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023): Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten 1991–2021.

(4) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024): Betriebliche Führungspositionen nach Führungsebene 2004-2022.

(5) Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2012): Bildung in Deutschland 2012, Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zur kulturellen Bildung im Lebenslauf, Bielefeld, S. 155, zitiert nach Deutscher Gewerkschaftsbund (2015): Die Zwei-Klassen-Gesellschaft. DGB-Analyse zur sozialen Spaltung in der Weiterbildung 2015, von Matthias Anbuhl, S. 5.

(6) Erol, Serife/Ahlers, Elke (2023): Betriebliche Weiterbildung als Handlungsfeld der Betriebsräte in Zeiten der Transformation, Eine Analyse der WSI-Betriebs- und Personalrätebefragung, S. 2.

(7) A.a.O., S. 2.

(8) Erol, Serife/Ahlers, Elke (2023): Betriebliche Weiterbildung als Handlungsfeld der Betriebsräte in Zeiten der Transformation, Eine Analyse der WSI-Betriebs- und Personalrätebefragung, S. 6.

(9) Erol, Serife/Ahlers, Elke (2023): Betriebliche Weiterbildung als Handlungsfeld der Betriebsräte in Zeiten der Transformation, Eine Analyse der WSI-Betriebs- und Personalrätebefragung, S. 17.

(10) Vgl. BMAS (o.J.): Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung, Aus- und Weiterbildungsgesetz.

(11) Räder, Evelyn/Pusch, Toralf (2024): Fachkräfte fördern und Arbeitsplätze sichern – Handlungsmöglichkeiten von Betriebsräten bei der Umsetzung des Weiterbildungsgesetzes, S. 239.

(12) Räder, Evelyn/Pusch, Toralf (2024): Fachkräfte fördern und Arbeitsplätze sichern – Handlungsmöglichkeiten von Betriebsräten bei der Umsetzung des Weiterbildungsgesetzes, S. 240.

(13) Deutscher Bildungsrat (1970): Strukturplan für das Bildungswesen, Stuttgart, S. 197, zitiert nach: BMBF/Verian (2024): Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2022, S. 5.

(14) BMBF/Verian (2024): Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2022, S. 10.

(15) A. a. O., S. 10.

(16) A. a. O., S. 17f.

(17) A. a. O., S. 18.

(18) A. a. O., S. 18.

(19) BMBF/Verian (2024): Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2022, S. 39, Fußnote.

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