zurück

WSI GenderDatenPortal: Einkommen: Gender Pay Gap 2006-2023

Download Daten (xlsx)

Grafiken, Analyse, Tabellen (pdf)

 

Frauen werden im Jahr 2023 im Durchschnitt schlechter bezahlt als Männer. Der bundesdeutsche Gender Pay Gap (GPG) beträgt weiterhin knapp 18 Prozent (Grafik 1). Dem liegen unterschiedlich hohe Bruttostundenlöhne von Frauen und Männern zu Grunde: der von Frauen 2023 durchschnittlich bezogene Bruttostundenlohn liegt um 4,46 Euro niedriger als der von Männern.

Frauen haben über den gesamten Beobachtungszeitraum der Jahre 2006 bis 2023 hinweg im Durchschnitt deutlich weniger pro Arbeitsstunde verdient als Männer. Der Gender Pay Gap (1) – also der prozentuale Anteil, den Frauen im Durchschnitt pro Arbeitsstunde weniger verdienen als Männer – betrug im Jahr 2006 noch 23 Prozent. In den letzten 17 Jahren ist die geschlechterbezogene Verdienstlücke etwas kleiner geworden, liegt jedoch auch im Jahr 2023 immer noch bei 18 Prozent. Der Gender Pay Gap in Deutschland fällt im internationalen Vergleich sehr hoch aus und liegt deutlich über dem europäischen Durchschnittswert. (2) Die Ergebnisse im Jahr 2023 sind allerdings aufgrund eines Wechsels der Datenquelle – der von methodischen und konzeptionellen Veränderungen begleitet wurde – nur mit Einschränkungen vergleichbar mit den Ergebnissen von vor 2022 (siehe methodische Anmerkungen).

Die durchschnittlichen Brutto-Stundenverdienste (ohne Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld o.ä.) stiegen in Deutschland zwischen 2006 und 2023 für Frauen wie auch für Männer kontinuierlich an. Dies gilt für Westdeutschland ebenso wie für Ostdeutschland, wo die Stundenlöhne im Vergleich zu Westdeutschland aber immer noch auf einem deutlich niedrigeren Niveau verbleiben.

Bei der Höhe des Gender Pay Gaps zeigen sich zwischen West- und Ostdeutschland deutliche Unterschiede: Der Gender Pay Gap in Westdeutschland fällt – auch weiterhin – rund dreimal so hoch aus wie in Ostdeutschland (Grafik 2 und 3).

  • Frauen in Westdeutschland haben im Durchschnitt einen um 19 Prozent geringeren Brutto-Stundenverdienst als ihre männlichen Kollegen. Seit 2006 ist der GPG in Westdeutschland insgesamt um 5 Prozentpunkte gesunken (von 23,9 Prozent in 2006 auf 18,8 Prozent in 2023).
  • In Ostdeutschland verdienen Frauen hingegen im Durchschnitt „nur“ 7 Prozent weniger als Männer. Zwischen 2006 und 2014 stieg der Gender Pay Gap in Ostdeutschland von 6 Prozent auf fast 9 Prozent deutlich an. In den Folgejahren hat sich der Gender Pay Gap in Ostdeutschland dann aber wieder verringert.

Eine der Hauptursachen für die seit 2015 feststellbare Verringerung des Gender Pay Gaps in Deutschland ist die Einführung des Mindestlohns zum Januar 2015 (8,50 Euro pro Stunde), der in mehreren Schritten bis Oktober 2022 auf 12,00 Euro pro Stunde angehoben wurde. (3) Die Einführung des Mindestlohns hat die unteren Löhne deutlich angehoben, insbesondere in Ostdeutschland. Da Frauen in Deutschland weitaus häufiger als Männer im Niedriglohnsektor beschäftigt sind, hat sich damit auch der Gender Pay Gap etwas verringert. (4)

Wie stark der Gender Pay Gap durch verstärkte Kurzarbeit in der Corona-Krise beeinflusst wurde, kann auf Basis der für die Berechnung des Gender Pay Gap verwendeten Datensätze nicht beantwortet werden, da darin keine direkten Informationen zum Umfang von Kurzarbeit enthalten sind. Grundsätzlich waren in der Corona-Krise „[…] Männer prozentual stärker von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit betroffen und Frauen stärker vom Abbau von Minijobs“. (5) Aufgrund dessen wurde zunächst davon ausgegangen, dass der Gender Pay Gap für die (weiteren) Jahre der Corona-Krise sinken könnte (6). Andererseits ging die 2020 bei Männern stärker als bei Frauen angestiegene Arbeitslosenquote dann im Jahr 2021 bei Männern auch wieder stärker zurück als bei den Frauen, was u.a. dann doch für eine Stagnation des GPG in den Folgejahren gesorgt haben dürfte. (7) (8)

Generell ist bei der Interpretation des Gender Pay Gap zu beachten, dass er eine Maßzahl darstellt, die den Stand der Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt – bzw. die weiterhin bestehenden Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern – in einem Wert gebündelt dargestellt (vgl. dazu die Erläuterungen im Glossar). Im Jahr 2023 konnten 63 Prozent des Gender Pay Gap in Deutschland auf strukturelle Unterschiede zwischen abhängig beschäftigten Frauen und Männer zurückgeführt werden: also beispielsweise auf die ausgeübten beruflichen Tätigkeiten, die Verteilung auf die Wirtschaftsbereiche, auf den Beschäftigungsumfang sowie den Anteil der Frauen und Männer in Führungspositionen (bzw. verschiedenen Anforderungsniveaus). (9)

Solche statistischen Zerlegungen durch die Anwendung multivariater Analysemethoden können zwar wichtige Hinweise auf mögliche Einflussfaktoren liefern. Die Unterscheidung in einen „erklärten“ und den verbleibenden „unerklärten“ Anteil des Gender Pay Gap (bzw. die Unterscheidung in einen „unbereinigten“ und „bereinigten“ Gender Pay Gap) sollte jedoch nicht dazu verleiten, damit auch das Problem des großen Verdienstabstands zwischen Frauen und Männern kleinzurechnen. Mit Hilfe statistischer Verfahren können zwar wichtige Ursachen des Gender Pay Gap (GPG) ermittelt und benannt werden, die zugrundeliegenden Probleme sind damit aber nicht gelöst. Grundsätzlich ist dem GPG (der manchmal auch als „unbereinigter“ GPG bezeichnet wird) der Vorzug zu geben gegenüber dem sogenannten „bereinigten“ GPG. Denn der GPG erfasst auch den Teil des Verdienstunterschieds, der beispielsweise durch unterschiedliche Berufe oder Karrierestufen verursacht wird. (10) Und es muss davon ausgegangen werden, dass bereits der Zugang von Frauen zu bestimmten Berufen oder Führungspositionen durch benachteiligende Strukturen erschwert wird.

Bisweilen wird aus den Ergebnissen der statistischen Zerlegungen die Schlussfolgerung gezogen, dass Diskriminierung bei der Erklärung der geschlechtsspezifischen Verdienstunterschiede kaum von Bedeutung sei. Diese Schlussfolgerung ist entschieden zurückzuweisen, denn: „Der erklärte Anteil des Gender Pay Gap ist keineswegs frei von Diskriminierungen, wie umgekehrt die bereinigte Lohnlücke nicht mit Entgeltdiskriminierung gleichzusetzen ist.“ (11) Es kann eben nicht ausgeschlossen werden, dass Diskriminierung bei der ungleichen Verteilung von Frauen und Männern auf Berufe, Branchen und Führungspositionen ebenfalls eine ursächliche Rolle spielt.

Der Gender Pay Gap unterscheidet sich teilweise sehr stark in den unterschiedlichen Branchen. Frauen verdienten im Jahr 2022 – je nach Branche – zwischen vier und 32 Prozentpunkte weniger als Männer. In 36 von 46 Einzelbranchen ist der Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern sogar so groß, dass der Gender Pay Gap einen zweistelligen Wert zuungunsten der Frauen einnimmt (Vgl. Grafik 4 und Grafik 5).

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau

 

Literatur

Eurostat Statistics Explained (2024): Gender pay gap statistics, letzter Zugriff 14.03.2024.

Finke, Claudia/Dumpert, Florian/Beck, Martin (2017): Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen. Eine Ursachenanalyse auf Grundlage der Verdienststrukturerhebung 2014, in: Wirtschaft und Statistik, 2/2017, S. 43-62,letzter Zugriff: 14.03.2024.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2023): Arbeitslosenquoten in Deutschland 2006-2022. In: WSI-GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2022): Frauen und Männer in den 25 häufigsten Ausbildungsberufen 2020. In: WSI-GenderDatenPortal.

Institut für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen (2023): Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns 2015 – 2025. In: Sozialpolitik aktuell, letzter Zugriff: 14.03.2024

Klenner, Christina (2016): Gender Pay Gap – die geschlechtsspezifische Lohnlücke und ihre Ursachen, Policy Brief WSI, Nr. 07, letzter Zugriff: 14.03.2024.

Mischler, Frauke (2022): Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen. Eine Ursachenanalyse auf Grundlage der Verdienststrukturerhebung 2018, in: Wirtschaft und Statistik, 4/2021.

Statistisches Bundesamt (2024): Gender Pay Gap 2023: Frauen verdienten pro Stunde 18 % weniger als Männer. Pressemitteilung vom 18. Januar 2024 – 027/2024,
letzter Zugriff: 14.03.2024.

Statistisches Bundesamt (2023): Qualitätsbericht. Verdiensterhebung. Erhebung der Arbeitsverdienste nach § 4 Verdienststatistikgesetz 2023, Wiesbaden, letzter Zugriff: 14.03.2024.

Zucco, Aline/Lott, Yvonne (2021): Stand der Gleichstellung. Ein Jahr mit Corona, WSI Report, Nr. 64. https://www.wsi.de/de/faust-detail.htm?sync_id=HBS-007964, letzter Zugriff: 14.03.2024.

 


(1) Vgl. dazu die Definition des Gender Pay Gap im Glossar.

(2) Im Jahr 2022 lag der Durchschnittswert aller 27 EU-Staaten bei 12,7 Prozent. Mit einem Gender Pay Gap von 17,7 Prozent gehörte Deutschland zu den Ländern mit vergleichsweise großer Entgeltlücke. Vgl. Eurostat Statistics Explained (2024): Gender pay gap statistics.

(3) Institut für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen (2023): Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns 2015 – 2025. In: Sozialpolitik aktuell.

(4) Vgl. A.a.O, S. 3 f.

(5) Zucco, Aline/Lott, Yvonne (2021): Stand der Gleichstellung. Ein Jahr mit Corona, S. 11.

(6) A.a.O, S. 12.

(7) Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2023): Arbeitslosenquoten in Deutschland 2006-2022. In: WSI-GenderDatenPortal.

(8) vgl. Zucco, Aline/Lott, Yvonne (2021): Stand der Gleichstellung. Ein Jahr mit Corona, S. 12.

(9) Vgl. Statistisches Bundesamt (2024): Gender Pay Gap 2023: Frauen verdienten pro Stunde 18 % weniger als Männer.

(10) Vgl. Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2022): Frauen und Männer in den 25 häufigsten Ausbildungsberufen 2020. In: WSI-GenderDatenPortal.

(11) Klenner, Christina (2016): Gender Pay Gap – die geschlechtsspezifische Lohnlücke und ihre Ursachen, S. 5.

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrem Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen