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WSI GenderDatenPortal: Einkommen: Verdienstabstand nach Erwerbsumfang und beruflicher Position 2019

Grafiken, Analysen, Tabellen (pdf)

 

In Deutschland steigt der geschlechterbezogene Verdienstabstand im Jahr 2019 mit der beruflichen Position und dem Umfang der Erwerbstätigkeit stark an: Unter Vollzeitbeschäftigten fällt der geschlechterbezogene Verdienstabstand dabei stets höher aus als unter Teilzeitbeschäftigten – und zwar auf allen beruflichen Positionsebenen.

Bei den Vollzeitbeschäftigten erzielen Frauen auf allen beruflichen Positionen geringere durchschnittliche Brutto-Stundenverdienste als Männer. Bei Teilzeitbeschäftigten trifft dies ebenfalls auf die meisten beruflichen Positionen zu, wenn auch in deutlich geringerem Maße. (1) Für Frauen wie Männer gilt dabei, dass die durchschnittlichen Brutto-Stundenverdienste mit der beruflichen Position ansteigen – für Vollzeitbeschäftigte jedoch stärker als für Teilzeitbeschäftigte. 

Der geschlechterbezogene Verdienstabstand steigt mit der beruflichen Position deutlich an: Am größten fällt der Abstand bei vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer*innen in leitender Position aus. Dabei ist der geschlechterbezogene Verdienstabstand unter Vollzeitbeschäftigten in allen Leistungsgruppen fast durchgängig doppelt so groß wie unter Teilzeitbeschäftigten. Dies führt zu einem paradoxen Befund: Je besser die Frauen in den Arbeitsmarkt eingebunden sind – gemessen an Erwerbsumfang und beruflichen Position – desto größer fällt der Verdienstabstand gegenüber Männern (in vergleichbaren Positionen) aus. (2)

Die Verdienstunterschiede zwischen teilzeit- und vollzeitbeschäftigten Frauen derselben Leistungsgruppe sind dabei deutlich kleiner als zwischen den teilzeit- und vollzeitbeschäftigten Männern. (3) Der vollzeitbedingte Vorsprung fällt damit für Frauen deutlich geringer aus als für Männer. (4) 

Die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern fallen in den einzelnen Leistungsgruppen jeweils geringer aus als der allgemeine Gender Pay Gap in Deutschland, der für das Jahr 2019 bei 20 Prozent lag. (5) Dies ist vor allem auf folgende Ursachen zurückzuführen:

  • Frauen und Männer verteilen sich unterschiedlich auf die verschiedenen beruflichen Positionen (Leistungsgruppen). Frauen haben wesentlich seltener als Männer eine Führungsposition inne. (6) 
  • Frauen arbeiten zudem deutlich häufiger Teilzeit als Männer: Im Jahr 2018 ist fast jede zweite Frau unter den abhängig Beschäftigten teilzeitbeschäftigt (46 Prozent), aber nur etwa jeder zehnte Mann (11 Prozent). (7) Die niedrigeren Stundenlöhne und die geringeren Aufstiegschancen in Teilzeit tragen zum Gender Pay Gap bei. (8)
  • Zudem sind die Unterschiede auch methodisch bedingt: Die vorliegenden Analysen basieren auf den Daten der Vierteljährlichen Verdiensterhebung (VVE), die sich methodisch unterscheidet von den Daten der Verdienststrukturerhebung, auf deren Basis der Gender Pay Gaps berechnet wird. Die Differenzen beider Datensätze führen zu insgesamt geringeren Verdienstabständen bei den Analysen mit der VVE (vgl. methodische Anmerkungen und Glossar). 

Der regionale Vergleich belegt, dass die für Gesamtdeutschland aufgezeigten Ergebnisse (zumindest tendenziell) auf beide Teile Deutschlands zutreffen. Allerdings sind auch einige Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland festzustellen:

  • Der geschlechterbezogene Verdienstabstand fällt in Ostdeutschland fast durchgängig niedriger aus als in Westdeutschland.
  • In Ostdeutschland liegen zudem nur geringe geschlechterbezogenen Verdienstabstände bei Fachkräften vor: Bei den teilzeitbeschäftigten Fachkräften liegen die Durchschnittslöhne der Männer sogar um 1 Prozent unter denen ihrer Kolleginnen.

Eine Erklärung für den wesentlich geringeren geschlechterbezogenen Verdienstabstand in Ostdeutschland sind die niedrigen Verdienste der ostdeutschen Männer im Vergleich zu ihren westdeutschen Kollegen. Das West-Ost-Gefälle bei den (durchschnittlichen) Stundenlöhnen ist unter Männern stärker ausgeprägt als unter Frauen. (9)
 

 

Bearbeitung: Dietmar Hobler, Svenja Pfahl, Julia Spitznagel

 

Literatur

Finke, Claudia / Dumpert, Florian / Beck, Martin (2017): Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen. Eine Ursachenanalyse auf der Grundlage der Verdienststrukturerhebung 2014. In: Wirtschaft und Statistik, 2/2017, S. 43-62, letzter Zugriff: 09.06.2020.

Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja (2020): Gender Pay Gap 2006-2019. In: WSI GenderDatenPortal. 

Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja / Mader, Esther (2020): Vertikale Segregation des Arbeitsmarktes 2018. In: WSI GenderDatenPortal. 

Hobler, Dietmar /Pfahl, Svenja /Spitznagel, Julia (2020a): Betriebliche Führungspositionen nach Führungsebene 2004-2018. In: WSI GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja / Spitznagel, Julia (2020b): Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten 1991-2018. In: WSI GenderDatenPortal. 

Klenner, Christina / Kohaut, Susanne / Höyng, Stephan (2010): Vollzeit, Teilzeit, Minijobs. In: Projektgruppe GiB: Geschlechterungleichheiten im Betrieb. Arbeit, Entlohnung und Gleichstellung in der Privatwirtschaft, Berlin, S. 191-270.

Statistisches Bundesamt (2020): Verdienste und Arbeitskosten. Arbeitnehmerverdienste 2019, Fachserie 16, Reihe 2.3, letzter Zugriff: 09.06.2020.

Statistisches Bundesamt (2019): Vierteljährliche Verdiensterhebung, Qualitätsbericht, letzter Zugriff: 09.06.2020.

Schrenker, Annekatrin / Zucco, Aline (2020): Gender Pay Gap steigt ab dem Alter von 30 Jahren stark an. In: DIW Wochenbericht 10/2020, S. 137-145, letzter Zugriff: 09.06.2020.

Wolf, Elke (2010): Lohndifferenziale zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten in Ost- und Westdeutschland, WSI-Diskussionspapier, Nr. 174, Düsseldorf, letzter Zugriff: 09.06.2020.

 


(1) Einige Ausnahmen sind hierbei unter den Teilzeitbeschäftigten zu finden: In Westdeutschland erzielen teilzeitbeschäftigte Frauen, die als Un- oder Angelernte arbeiten, im Durchschnitt höhere Brutto-Stundenverdienste als Männer. In Ostdeutschland verdienen Frauen als teilzeitbeschäftigte Fachkräfte im Durchschnitt mehr als ihre männlichen Kollegen. 

(2) Vgl. dazu auch: Klenner, Christina /Kohaut, Susanne /Höyng, Stephan (2010): Vollzeit, Teilzeit, Minijobs. In: Projektgruppe GiB: Geschlechterungleichheiten im Betrieb, S.232ff. Sowie: Wolf, Elke (2010): Lohndifferenziale zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten in Ost- und Westdeutschland. 

(3) Unter den Frauen weichen die durchschnittlichen Stundenverdienste in den einzelnen Leistungsgruppen zwischen den Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten nur um 0,15 Euro bis 2,23 Euro voneinander ab. Bei den Männern variieren die Verdienstunterschiede – je nach Leistungsgruppe – zwischen 1,38 Euro und 6,30 Euro.

(4) Diese Abstände würden noch größer ausfallen, wenn der Vergleich auch die geringfügig Beschäftigten umfassen würde. In den Analysen zugrundeliegenden Datensatz, der Vierteljährlichen Verdiensterhebung (siehe dazu: Methodische Anmerkungen), wird für geringfügig Beschäftigte nicht die Anzahl der Arbeitsstunden erhoben, sodass für diese Beschäftigten auch keine Angaben zu deren Brutto-Stundenverdiensten vorliegen.

(5) Vgl. Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja (2020): Gender Pay Gap 2006-2019.

(6) Vgl. Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja / Mader, Esther (2020): Vertikale Segregation des Arbeitsmarktes 2018; sowie: Hobler, Dietmar /Pfahl, Svenja / Spitznagel, Julia (2020a): Betriebliche Führungspositionen nach Führungsebene 2004-2018. 

(7) Vgl. Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja / Spitznagel, Julia (2020b): Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten 1991-2018.

(8) Vgl. Schrenker, Annekatrin / Zucco, Aline (2020): Gender Pay Gap steigt ab dem Alter von 30 Jahren stark an.

(9) Vgl. Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja (2020): Gender Pay Gap 2006-2019.

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