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WSI GenderDatenPortal: Erwerbsarbeit: Arbeitslosenquoten 1991-2022

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Die Arbeitslosenquoten in Deutschland fallen für Frauen und Männer im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorpandemiejahr 2019 leicht erhöht aus, nach einem deutlichen Anstieg in den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021. Dabei sind Männer (6 Prozent) auch im Jahr 2022 weiterhin häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen als Frauen (5,5 Prozent) (Grafik 1).

Innerhalb des gesamten Beobachtungszeitraums zwischen 1991 und 2022 sank die Arbeitslosenquote bei Frauen recht deutlich: sie ging von 8,5 Prozent (1991) auf 5,5 Prozent (2022) und damit um mehr als ein Drittel zurück. Demgegenüber blieb die Arbeitslosenquote bei Männern über den Beobachtungszeitraum hinweg – trotz zwischenzeitlicher Schwankungen – eher gleich: sie nahm nur leicht ab (von 6,4 Prozent 1991 auf 6,0 Prozent 2022). Die Arbeitslosenquote unterlag während des Beobachtungszeitraums jedoch für Frauen wie Männer deutlichen Veränderungen:

  • Von 1991 bis 1997 stieg die Arbeitslosigkeit bei Frauen und Männern stark an. Hier waren Frauen durchgängig stärker von Arbeitslosigkeit betroffen waren als Männer. Der geschlechterbezogene Abstand der Arbeitslosenquoten wurde in dieser Phase deutlich kleiner.
  • Zwischen 1997 und 2001 ging die Arbeitslosigkeit deutlich zurück. Erstmals wiesen Frauen im Jahr 2001 eine niedrigere Arbeitslosenquote als Männer auf.
  • Von 2001 bis 2005 nahm die Arbeitslosigkeit wieder deutlich zu, wobei die Arbeitslosenquote der Frauen durchgängig niedriger blieb als die der Männer.
  • Zwischen 2005 und 2008 ging die Arbeitslosigkeit für Männer wie Frauen stark zurück. Infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise stieg die Arbeitslosigkeit – insbesondere unter Männern – lediglich im Jahr 2009 noch einmal sprunghaft an.
  • In den Folgejahren 2009 bis 2019 war die Arbeitslosenquote in Deutschland dann aber für Frauen wie Männer rückläufig, wobei Männer seit 2009 durchgängig häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen sind als Frauen. (1)

Als Folge der Corona-Pandemie und der begleitenden Eindämmungsmaßnahmen nahm die Arbeitslosenquote für Frauen und Männern im Jahr 2020 abrupt zu. (2) Diese Zunahme fiel bei den Männern noch größer aus, aber auch Frauen waren stark betroffen: „Da Frauen häufiger im von den coronabedingten Eindämmungsmaßnahmen stark betroffenem Dienstleistungssektor tätig sind, verlief der Erholungsprozess bei ihnen langsamer als bei Männern.“ (3) Erstmalig seit dem Jahr 2004 betrug der geschlechterbezogene Abstand bei der Arbeitslosenquote im Jahr 2020 wieder mehr als einen Prozentpunkt: die Arbeitslosenquote der Männer lag um 1,2 Prozentpunkte höher als die der Frauen. Bis 2022 ging die Arbeitslosenquote insgesamt wieder deutlich zurück – allerdings für Männer (minus 1,1 Prozentpunkte) deutlicher als für Frauen (minus 0,4 Prozentpunkte) (vgl. Tab. 1).

Der regionale Vergleich zwischen West- und Ostdeutschland zeigt, dass die Arbeitslosenquoten in Ostdeutschland seit der Deutschen Einheit – sowohl für Frauen als auch für Männer – fast durchgängig doppelt so hoch ausfielen wie in Westdeutschland (Grafik 2). Erst nach 2008 erfolgte eine schrittweise Angleichung. In Westdeutschland differiert die Entwicklung zwischen Frauen und Männern im gesamten Beobachtungszeitraum 1991 bis 2022 nur in geringem Maße. Die Arbeitslosenquoten in Ostdeutschland hingegen weisen dagegen anfänglich starke Unterschiede zwischen Frauen und Männern auf: Zwischen 1991 und 1997 hat sich die Arbeitslosenquote der Frauen in Ostdeutschland fast verdoppelt (von 11,9 auf 21,6 Prozent), während der Anstieg bei den Männern in dieser Phase geringer war (von 8,7 auf 16,7 Prozent). Erst 2005 erreichte die Arbeitslosenquote der Männer in Ostdeutschland mit 21,3 Prozent ihren Höchstwert. Fast über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg ist der geschlechterbezogene Abstand der Arbeitslosenquoten in Ostdeutschland größer als in Westdeutschland.

Bei der Interpretation der Arbeitslosenquote innerhalb des Beobachtungszeitraums sind wichtige strukturelle Aspekte zu berücksichtigen:

  • Zu Beginn der 1990er Jahre bestand ein deutliches „Ost-West-Gefälle“ in Deutschland. Sowohl die mit den ökonomischen Umbrüchen der Wendezeit einhergehenden Arbeitsplatzverluste, als auch die deutlich höhere Erwerbsneigung von Frauen und Männern in Ostdeutschland trugen in dieser Phase zu einem starken Anstieg der Arbeitslosenquote in Ostdeutschland bei. (4)
  • Seit 2000 ist in Deutschland jedoch immer stärker eher ein „Nord-Süd-Gefälle“ zu verzeichnen: „Im Osten wie im Westen weist der Arbeitsmarkt in den wirtschaftsstarken südlichen Regionen eine tendenziell bessere Verfassung auf als im eher strukturschwachen Norden“. (5)
  • Heute gilt: Die Unterschiede bei der Arbeitslosenquote „[…] werden grundsätzlich von demografischen Entwicklungen, aber auch regionalen Unterschieden in der Wirtschaftskraft der Bundesländer bestimmt. Im Süden Deutschlands ist die Arbeitslosigkeit nach wie vor deutlich geringer als im Osten und Norden.“ (6)
  • Hat die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfeleistungen im Zuge der Arbeitsmarktreformen in den Jahren 2002 bis 2005 zunächst zu einem Anstieg der Arbeitslosenquote beigetragen, so muss der anschließende Rückgang dann eher auf eine verlangsamte Produktivitätsentwicklung, die Zunahme atypischer Beschäftigungsverhältnisse (befristete Beschäftigung und Leiharbeit) in Deutschland, die Verteilung des Arbeitsvolumens auf immer mehr Köpfe sowie auf sinkende Arbeitskraftreserven zurückgeführt werden. (7) (8)

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

 

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau

 

Literatur

Blien, Uwe / Phan thi Hong, Van (2015): 25 Jahre nach der Wiedervereinigung Schwierige Startbedingungen wirken nach. In: IAB-Forum 1/2015, S. 4–13, letzter Zugriff: 02.05.2023.

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2023a): Arbeitslosigkeit im Zeitverlauf. Entwicklung der Arbeitslosenquote (Strukturmerkmale). Deutschland, West, Ost, Reihe: Arbeitsmarkt in Zahlen, Nürnberg.

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2023b): Glossar der Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg, letzter Zugriff am 02.05.2023.

Bundesagentur für Arbeit (2022): Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2021, Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt, Juni 2022, Nürnberg, letzter Zugriff am 02.05.2023.

Fuchs, Michaela / Ludewig, Oliver / Weyh, Antje (2015): Arbeitslosigkeit in Ost und West: Unterschiede verschwimmen immer mehr. In: IAB-Forum 1/2015, S. 22–29, letzter Zugriff am 02.05.2023.

Knuth, Matthias / Kaps, Petra (2014): Arbeitsmarktreformen und „Beschäftigungswunder“ in Deutschland. In: WSI Mitteilungen 3/2014, S. 173–181, letzter Zugriff: 02.05.2023.


(1) Das ist eine beachtliche Veränderung, denn zumindest in der früheren Bundesrepublik Deutschland hatten die Frauen im Vergleich zu den Männern fast durchgängig mindestens gleich hohe und teilweise deutlich höhere Arbeitslosenquoten. (Abgesehen von einer kurzen Phase Mitte der 1960er Jahre.) Vgl. Tab. 2.

(2) Bundesagentur für Arbeit (2022): Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2021, S. 19.

(3) A.a.O, S. 19f.

(4) Vgl. Fuchs, Michaela / Ludewig, Oliver / Weyh, Antje (2015): Arbeitslosigkeit in Ost und West: Unterschiede verschwimmen immer mehr, S. 22. Siehe dazu auch: Blien, Uwe / Phan thi Hong, Van: 25 Jahre nach der Wiedervereinigung – Schwierige Startbedingungen wirken nach, S. 7.

(5) A. a. O., S. 28.

(6) Bundesagentur für Arbeit (2022): Die Arbeitsmarktsituation von Frauen und Männern 2021, S. 24.

(7) Vgl. Knuth, Matthias / Kaps, Petra (2014): Arbeitsmarktreformen und „Beschäftigungswunder“ in Deutschland, S. 174.

(8) A. a. O., S. 175ff.

 

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