WSI GenderDatenPortal: Erwerbsarbeit: Erwerbskonstellationen in Paarhaushalten 2022
Grafiken, Analyse, Tabellen (pdf)
Die Erwerbskonstellation bzw. die Arbeitszeit-Konstellation in Frau-Mann-Paarhaushalten ist in Deutschland im Jahr 2022 stark davon abhängig, ob minderjährige Kinder zum Haushalt gehören oder nicht. (1) Sofern Kinder mit im Haushalt leben, treten fast doppelt so häufig Erwerbskonstellationen auf, in denen die Frau nicht aktiv erwerbstätig ist (neben einem aktiv erwerbstätigen Mann) (vgl. Grafik 1). Zudem sind in Haushalten mit minderjährigen Kindern zwei Drittel der Frauen in Teilzeit tätig neben einem vollzeiterwerbstätigen Mann, während in Haushalten ohne Kinder die Mehrheit der Frauen Vollzeit arbeitet (vgl. Grafik 2). Männer in Paarhaushalten arbeiten hingegen mehrheitlich in Vollzeit – unabhängig davon, ob minderjährige Kinder im Haushalt leben oder nicht.
Die Erwerbskonstellationen in Frau-Mann-Paarhaushalten (mit zwei Erwachsenen im Alter von 15 bis 64 Jahren) unterscheiden sich deutlich, je nachdem ob auch minderjährige Kinder mit im Haushalt leben (vgl. Grafik 1):
- In der Mehrheit der Paarhaushalte sind beide Partner*innen aktiv erwerbstätig, sowohl bei Paaren mit Kind(ern) (61 Prozent) sowie noch häufiger bei Paaren ohne Kind(er) (67 Prozent). Eine Zweiverdiener*innen-Konstellation ist in Paarhaushalten in Deutschland somit Normalität.
- Männer sind in jedem vierten Paarhaushalt mit Kind Alleinverdiener (27 Prozent), während dies in Paarhaushalten ohne Kind nur auf jeden siebten Mann zutrifft (15 Prozent).
- Frauen sind in Paarhaushalten mit Kindern nur sehr selten Alleinverdienerinnen (4 Prozent), in Paarhaushalten ohne Kind trifft dies jedoch auf jede zehnte Frau zu (10 Prozent).
Hinsichtlich der Arbeitszeit-Konstellationen von Frauen und Männern in Paarhaushalten mit zwei aktiv erwerbstätigen Partner*innen zeichnen sich noch weitaus größere Unterschiede ab (vgl. Grafik 2):
- Eine Vollzeit-Vollzeit-Konstellation ist gängige Praxis für die Mehrheit aller Paarhaushalte ohne minderjährige Kinder (54 Prozent), aber nur für rund ein gutes Viertel der Paarhaushalte mit Kindern (28 Prozent).
- Die häufigste Konstellation in Paarhaushalten mit Kindern ist eine Vollzeittätigkeit des Mannes in Kombination mit einer Teilzeittätigkeit der Frau (65 Prozent). Diese Konstellation findet sich nur in einem guten Drittel der Haushalte ohne Kinder (37 Prozent).
- Andere Konstellationen (Frau/Vollzeit und Mann/Teilzeit, sowie beide Partner*innen in Teilzeit) treten dagegen nur recht selten auf – unabhängig davon, ob Kinder im Haushalt leben oder nicht.
Im Regionalvergleich zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland – insbesondere für Paarhaushalte mit Kindern (vgl. Grafiken 1 und 2):
- In Ostdeutschland (67 Prozent) sind in Paarhaushalten mit Kindern häufiger beide Elternteile aktiv erwerbstätig als in Westdeutschland (60 Prozent). Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass Männer in Ostdeutschland (20 Prozent) in Haushalten mit Kindern seltener als Alleinverdiener tätig sind als in Westdeutschland (28 Prozent).
- In Ostdeutschland ist außerdem die Vollzeit-Vollzeit-Konstellation stärker verbreitet als in Westdeutschland. In Haushalten ohne Kinder erweist sie sich dort als dominierende Konstellation (62 Prozent) – und selbst in Haushalten mit Kindern arbeiten noch die Hälfte aller Elternpaare in Vollzeit-Vollzeit-Konstellationen (49 Prozent). In Westdeutschland arbeitet hingegen nur jedes vierte Elternpaar mit Kindern in Vollzeit-Vollzeit-Konstellationen (23 Prozent) – und auch ohne Kind(er) sind es erkennbar weniger als in Ostdeutschland (53 Prozent). Stattdessen wird in Westdeutschland in Paarhaushalten mit Kind(ern) vor allem in der Konstellation Mann/Vollzeit und Frau/Teilzeit gearbeitet (71 Prozent). (2)
Die Ursachen für die gelebten Erwerbs- bzw. Arbeitszeit-Konstellationen sind vielfältig. So stellt die Konstellation „Mann/Vollzeit, Frau/Teilzeit“ in Deutschland immer noch ein normatives Leitbild dar. (3) Die Teilzeitarbeit von Frauen im Paarkontext hängt eng damit zusammen, dass sie nach wie vor den Großteil an unbezahlter Arbeit, d.h. Haushaltstätigkeiten als auch Fürsorgeaufgaben, leisten und dem Arbeitsmarkt damit zeitlich begrenzter zur Verfügung stehen als Männer. (4) Auch die Qualität der im Betrieb realisierten Arbeitszeitmodelle und Vereinbarkeitsmöglichkeiten sowie die in den Betrieben geltenden Gendernormen nehmen Einfluss auf die individuelle Arbeitszeitdauer und damit die Paarkonstellationen. (5) (6) Hinzu kommt, dass in Deutschland institutionelle Rahmenbedingungen für Paare (wie Minijobs, beitragsfreie Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung, Ehegattensplitting etc.) starke Anreize für eine Teilzeitarbeit von Frauen geben. (7)
Der Zeitpunktvergleich für die Jahre 2005 und 2022 zeigt (vgl. Tabellen), dass sich bei den Erwerbs- bzw. den Arbeitszeit-Konstellationen in Frau-Mann-Paarhaushalten in den letzten 17 Jahren bisher nur einige vorsichtige Veränderungen vollzogen haben:
- Im Jahr 2022 sind in Paarhaushalten häufiger beide Partner*innen aktiv erwerbstätig als dies noch 2005 der Fall war: für Paare mit Kindern ist der Anteil um 7 Prozentpunkte gestiegen, für Paare ohne Kinder sogar um 12 Prozentpunkte. Im Gegenzug ist der Mann als Alleinverdiener in Deutschland seltener geworden, insbesondere in Haushalten mit minderjährigen Kindern (minus 7 Prozentpunkte) (vgl. Tabelle 1).
- Außerdem lässt sich für Paarhaushalte ohne Kinder in Deutschland ein leichter Rückgang von „Vollzeit-Vollzeit-Konstellationen“ feststellen (minus 6 Prozentpunkte), insbesondere in Ostdeutschland (minus 7 Prozentpunkte).
- Auch die in Paarhaushalten mit Kindern in Deutschland stark dominierende Vollzeit-Teilzeit-Konstellation ist leicht zurückgegangen (minus 3 Prozentpunkte), allerdings fand dieser Rückgang ausschließlich in Westdeutschland statt (minus 4 Prozentpunkte), während sie in Ostdeutschland sogar zugenommen hat (plus 6 Prozentpunkte) (vgl. Tabelle 2).
Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den PDF-Dateien enthalten, die zum Download bereistehen.
Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau
Literatur
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Lott, Yvonne (2019): Weniger Arbeit, mehr Freizeit? Wofür Mütter und Väter flexible Arbeitsarrangements nutzen, letzter Zugriff: 15.08.2024.
Keller, Matthias/Körner, Thomas (2023): Closing the Gap? Erwerbstätigkeit und Arbeitszeit von Müttern und Vätern nach 15 Jahren Elterngeld. In: WISTA - Wirtschaft und Statistik, 4/2023, letzter Zugriff: 15.08.2024.
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Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Zeitaufwand für bezahlte und unbezahlte Arbeit 2022. In: WSI GenderDatenPortal.
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(1) Vgl. dazu die Definition von „Frau-Mann-Paarhaushalt“ im Glossar.
(2) Regionale Unterschiede zwischen Frauen in West- und Ostdeutschland werden auf das nachwirkende Frauenbild aus DDR-Zeiten zurückgeführt. Erklärtes Ziel von Frauen-/ Familienpolitiken in der DDR war die vollständige Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt – Mutterschaft wurde deshalb in der Regel mit Vollzeittätigkeit kombiniert, vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2022): Familienleben und Familienpolitik in Ost- und Westdeutschland, S. 11f. Hinzu kommt eine bessere institutionelle Lage bei der Kleinkindbetreuung in Ostdeutschland, vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023b): Ganztagsbetreuung von Kleinkindern nach Alter und Region 2007-2022 sowie Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023a): Betreuungsquoten von Kindern unter drei Jahren nach Alter 2010-2022.
(3) Vgl. Diabaté, Sabine (2021): Einstellungen zur Rollenverteilung zwischen Frau und Mann. In: Statistisches Bundesamt/Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung/ Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (Hrsg.): Datenreport 2021. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland, S. 428.
(4) Vgl. hierzu Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Zeitaufwand für bezahlte und unbezahlte Arbeit 2022; Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024c): Zeitaufwand für unbezahlte Arbeit (inkl. Fürsorgearbeit und Ehrenamt) 2022; Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024a): Gründe für Teilzeittätigkeit nach Elternschaft 2022 sowie Lott, Yvonne (2024): Alles beim Alten: Der Gender Care Gap in der Erwerbsbevölkerung.
(5) Vgl. Hans-Böckler-Stiftung (2018): Mit Gleitzeit mehr Gleichheit. Gleitzeit erleichtert Müttern den beruflichen Wiedereinstieg. Nachtschichten von Vätern wirken sich ungünstig aus, S. 3 sowie Lott, Yvonne (2020): Work-Life Balance im Homeoffice: Was kann der Betrieb tun?, S. 9ff.
(6) Vgl. Klenner, Christina/Lott, Yvonne (2016): Arbeitszeitoptionen im Lebensverlauf. Bedingungen und Barrieren ihrer Nutzung im Betrieb, S. 9ff. Siehe dazu auch: Lott, Yvonne (2019): Weniger Arbeit, mehr Freizeit? Wofür Mütter und Väter flexible Arbeitsarrangements nutzen, S. 3.
(7) Vgl. Wanger, Susanne (2020): Entwicklung von Erwerbstätigkeit, Arbeitszeit und Arbeitsvolumen nach Geschlecht, S. 30.