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WSI GenderDatenPortal: Erwerbsarbeit: Erwerbstätigenquote nach Elternschaft und Alter des jüngsten Kindes 2022

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Frauen sind in Deutschland seltener aktiv erwerbstätig als Männer: Zwei Drittel der Frauen, aber vier Fünftel der Männer sind im Jahr 2022 aktiv erwerbstätig (70 Prozent gegenüber 81 Prozent; vgl. Grafik 1). (1)

Elternschaft hat dabei einen umgekehrten Einfluss auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern: Mütter sind seltener aktiv erwerbstätig als Frauen ohne Kind (65 Prozent gegenüber 73 Prozent), Väter hingegen häufiger aktiv erwerbstätig als Männer ohne Kind (87 Prozent gegenüber 78 Prozent).

Auch das Alter des jüngsten Kindes hat bei Müttern und Vätern in Deutschland einen unterschiedlichen Einfluss auf die Erwerbsbeteiligung:

  • Die Erwerbstätigenquote der Mütter steigt sehr stark mit dem Alter des jüngsten Kindes an: Mütter mit Kindern im Schulalter (ab 6 Jahren) bzw. mit jugendlichen Kindern im Alter zwischen 15 und 17 Jahren sind doppelt so häufig aktiv erwerbstätig (75 bzw. 80 Prozent) wie Mütter mit Kleinkindern unter drei Jahren (38 Prozent).
  • Die Erwerbstätigenquote der Väter hingegen wird kaum durch das Alter des jüngsten Kindes beeinflusst. Sie liegt für die meisten Väter bei knapp 90 Prozent. Nur bei Vätern mit Kleinkindern unter drei Jahren (86 Prozent) fällt die Erwerbstätigkeitsquote etwas geringer aus. Hier macht sich vermutlich die in den letzten Jahren weiter gestiegene Inanspruchnahme von Elternzeit und Elterngeld durch Väter bemerkbar. (2)

Der regionale West-Ost-Vergleich zeigt, dass die geschlechterbezogenen Abstände der Erwerbstätigenquoten von Müttern und Vätern in Ostdeutschland geringer ausfallen als in Westdeutschland (vgl. Grafiken 2 und 3):

  • Mütter in Ostdeutschland weisen insgesamt etwas höhere Erwerbstätigenquoten auf als Mütter in Westdeutschland (70 Prozent gegenüber 64 Prozent).
  • Im Gegenzug fällt die Erwerbstätigenquote von Vätern in Ostdeutschland geringer aus als die von Vätern in Westdeutschland (86 Prozent gegenüber 88 Prozent). (3)
  • Insgesamt erweist sich der geschlechterbezogene Abstand bei den Erwerbstätigen­quoten von Müttern und Vätern in Westdeutschland (24 Prozentpunkte) um rund die Hälfte höher als in Ostdeutschland (16 Prozentpunkten).

Die Ursachen für die große Diskrepanz zwischen der Erwerbsbeteiligung von Müttern und der von Vätern liegen vor allem in der paarinternen Aufteilung von Hausarbeit und Care-Arbeit: Während Väter in Deutschland in hohem Maße (vollzeit-)erwerbstätig sind, ist die Erwerbstätigkeit der Mütter stark davon abhängig, ob und wie intensiv Kinder betreut werden und/oder Pflegeaufgaben übernommen werden müssen. Mütter (insbesondere solche mit kleinen Kindern unter 6 Jahren) übernehmen einen deutlich größeren Anteil der unbezahlten Arbeit als Väter. (4) Daher weisen die Mütter mit kleinen Kindern die niedrigsten Erwerbstätigenquoten auf. Erst mit zunehmendem Alter des jüngsten Kindes, wenn auch das institutionelle Kinderbetreuungsangebot durch Kitas, (Ganztags-)Schulen und/oder Horte breiter wird, steigt die Erwerbstätigenquote der Mütter wieder an.

Trotz des Ausbaus der institutionellen Kinderbetreuung sowie des im Jahr 2007 eingeführten Elterngeldes bleiben die Geschlechterunterschiede bei den Erwerbstätigenquoten nach wie vor auf einem hohen Niveau. (5) Der Zeitvergleich der Jahre 2022 und 2010 (vgl. Tab.) zeigt nur geringe Veränderungen bei Müttern und Vätern innerhalb der Zeitspanne von zwölf Jahren:

  • Für Mütter ist innerhalb der zwölf Jahre ein Anstieg der Erwerbstätigenquoten um 5 Prozentpunkte festzustellen. Bei Vätern sind die Erwerbstätigenquoten zeitgleich nur um 3 Prozentpunkte angestiegen.
  • Zeitgleich sind die Erwerbstätigenquoten der Frauen und Männer ohne Kind(er) zwischen 2010 und 2022 jedoch deutlich stärker angestiegen (Frauen: um 7 Prozentpunkte; Männer: um 6 Prozentpunkte).

Fazit: Vor allem in Westdeutschland fallen die Geschlechterunterschiede bei den Erwerbstätigenquoten von Eltern mit Kleinkind (unter 3 Jahren) enorm aus: hier besteht eine Geschlechterlücke von 50 Prozentpunkten. Das 2007 eingeführte Elterngeld hat dabei positive Effekte auf Erwerbstätigkeit und Erwerbseinkommen von Müttern ausgelöst: es trägt zu einer schnelleren Rückkehr von Müttern mit mittleren und geringeren Einkommen in den Beruf bei, was positive Effekte auf die Lohnentwicklung dieser Mütter in den Folgejahren hat – genauso wie zu etwas längeren Erwerbsunterbrechungen von Müttern mit höherem Einkommen im ersten Jahr nach der Geburt (ohne langfristig negative Effekte auf deren Einkommen). (6) Gut die Hälfte der Väter nimmt das Elterngeld allerdings nach wie vor nicht in Anspruch. (7) Reformvorschläge des Elterngeldes in Hinblick auf die Geschlechterunterschiede zielen deshalb vor allem auf mehr Partnerschaftlichkeit bei der Nutzung des Elterngeldes ab sowie auf eine Intensivierung der Väterbeteiligung. (8)

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den PDF-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

 

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau



Literatur

Lott, Yvonne (2024): Alles beim Alten: Der Gender Care Gap in der Erwerbsbevölkerung, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI): WSI Policy Brief, Nr. 83, 09/2024, Düsseldorf.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024a): Dauer des Bezugs von Elterngeld/ElterngeldPlus 2007-2021. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Elterngeldbezug in Deutschland 2008 – 2021. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024c): Zeitaufwand für bezahlte und unbezahlte Arbeit 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024d): Zeitaufwand für unbezahlte Arbeit (inkl. Fürsorgearbeit und Ehrenamt) 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023a): Betreuungsquoten von Kindern unter drei Jahren nach Alter 2010-2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023b): Ganztagsbetreuung von Kleinkindern nach Alter und Region 2007-2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Reuyß, Stefan (2022): Reformvorschläge für die Ausgestaltung des Elterngeldes. Unter Mitarbeit von Maike Wittmann. Friedrich-Ebert-Stiftung. Berlin, letzter Zugriff 14.08.2024.

Statistisches Bundesamt (2023): Mikrozensus 2022. Qualitätsbericht, letzter Zugriff: 12.08.2024.

Statistisches Bundesamt (2022a): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Haushalte und Familien. Ergebnisse des Mikrozensus 2020 (Endergebnisse), Fachserie 1 Reihe 3, letzter Zugriff: 12.08.2024.

Statistisches Bundesamt (2022b): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung. Ergebnisse des Mikrozensus zum Arbeitsmarkt 2020 (Endgültige Ergebnisse), Fachserie 1 Reihe 4.1, letzter Zugriff: 12.08.2024.

Statistisches Bundesamt (2020a): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Haushalte und Familien. Ergebnisse des Mikrozensus 2019. Fachserie 1 Reihe 3, letzter Zugriff: 12.08.2024.

Statistisches Bundesamt (2020b): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Stand und Entwicklung der Erwerbstätigkeit in Deutschland 2019. Fachserie 1 Reihe 4.1, letzter Zugriff: 12.08.2024.

Wrohlich, Katharina/Zucco, Aline (2023): 15 Jahre Elterngeld. Auswirkungen und Reformoptionen, Hans-Böckler-Stiftung: Forschungsförderung Working Paper, Nr. 281, Düsseldorf, letzter Zugriff: 23.08.2024.

 


(1) Vgl. Definition der „aktiven Erwerbstätigkeit“ im Glossar.

(2) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Elterngeldbezug in Deutschland 2008 – 2021. In: WSI GenderDatenPortal.

(3) Dies geht Hand in Hand mit einer um rund 4 Prozentpunkte höheren Elterngeldnutzungsquote von Vätern in Ostdeutschland (gegenüber Vätern in Westdeutschland), vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Elterngeldbezug in Deutschland 2008 – 2021. In: WSI GenderDatenPortal.

(4) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau Eugen (2024c): Zeitaufwand für bezahlte und unbezahlte Arbeit 2022; Pfahl, Svenja/Unrau Eugen (2024d): Zeitaufwand für unbezahlte Arbeit (inkl. Fürsorgearbeit und Ehrenamt) 2022 sowie Lott, Yvonne (2024): Alles beim Alten: Der Gender Care Gap in der Erwerbsbevölkerung.

(5) Vgl. zu institutionellen Kinderbetreuung: Pfahl, Svenja/Unrau Eugen/Wittmann, Maike (2023a): Betreuungsquoten von Kindern unter drei Jahren nach Alter 2010-2022 sowie Pfahl, Svenja/Unrau Eugen/Wittmann, Maike (2023b): Ganztagsbetreuung von Kleinkindern nach Alter und Region 2007-2022. In: WSI GenderDatenPortal. Zur Inanspruchnahme des Elterngeldes durch Väter und Mütter vgl. Pfahl, Svenja/Reuyß, Stefan (2022): Reformvorschläge für die Ausgestaltung des Elterngeldes, S. 2ff.

(6) Wrohlich, Katharina/Zucco, Aline (2023): 15 Jahre Elterngeld. Auswirkungen und Reformoptionen, S. 14. Vgl. auch Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024a): Dauer des Bezugs von Elterngeld/ElterngeldPlus 2007-2021.

(7) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Elterngeldbezug in Deutschland 2008 – 2021. In: WSI GenderDatenPortal.

(8) Vgl. Pfahl, Svenja/Reuyß, Stefan (2022): Reformvorschläge für die Ausgestaltung des Elterngeldes.

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