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WSI GenderDatenPortal: Erwerbsarbeit: Minijobs als Nebentätigkeit 2004-2020

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In Deutschland übt fast jede*r zwölfte sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer*in zusätzlich einen Minijob als Nebentätigkeit aus: Im Jahr 2020 betraf dies fast 3 Mio. Beschäftigte (Jahresdurchschnittswert). Frauen stellen mit mehr als 1,6 Mio. einen im Vergleich zu Männern (1,3 Mio.) etwas höheren Anteil an dieser Beschäftigtengruppe. Die größere Bedeutung von Neben-Minijobs für Frauen wird auch deutlich, wenn man Neben-Minijobber*innen jeweils in Bezug zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten setzt: Einen zusätzlichen Minijob übt etwa jede zehnte sozialversicherungspflichtig beschäftigte Frau (10,3 Prozent), aber nur jeder vierzehnte Mann aus (7,3 Prozent). (1)

Innerhalb des Beobachtungszeitraums 2004 bis 2020 hat sich die Zahl der Neben-Minijobber*innen – bei Frauen wie Männern – verdoppelt (Grafik 1). (2) Allerdings ist für die konstatierte Entwicklung im Beobachtungszeitraum im Jahr 2020 ein deutlicher Knick des bis dahin linearen Anstiegs der Minijobs als Nebentätigkeit festzustellen. Dieser Rückgang ist Folge der Corona-Krise: Ähnlich wie bei den ausschließlich geringfügig Beschäftigten waren auch Minijobs als Nebentätigkeit während der Krise stark vom Stellenabbau betroffen. (3)

Zwischen 1991 und 2020 stieg die Anzahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen mit einem Mini-Nebenjob von 777.000 auf 1,6 Mio. an, und unter den Männern stieg die Zahl von 652.000 auf 1,32 Mio. an. Die starke Zunahme wird besonders deutlich, wenn man sie mit der Veränderung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im selben Zeitraum vergleicht (Grafik 4):

Von 2004 bis 2020 hat sich die Zahl der Frauen mit Mini-Nebenjob mehr als verdoppelt (Anstieg um 106 Prozent), während die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen im gleichen Zeitraum „nur“ um 30 Prozent angestiegen ist. (Ohne die Corona-Krise wäre der Anstieg im Beobachtungszeitraum noch höher ausgefallen.)

Bei Männern ist die Zahl der Minijobber (mit einer Zunahme um 102 Prozent) zwar in etwas geringerem Umfang gestiegen, aber der prozentuale Anstieg war bei ihnen – ähnlich wie bei den Frauen – rund viermal größer als unter sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (24 Prozent). (Auch bei den Männern wäre die Zunahme der Mini-Nebenjobs ohne Corona-Krise höher ausgefallen.)

Trotz der leicht unterschiedlichen Anstiege der Neben-Minijobs unter Frauen und Männern, hat sich der Frauenanteil an dieser Beschäftigtengruppe zwischen 2004 (54,4 Prozent) und 2020 (54,8 Prozent) kaum verändert (vgl. Tabelle 1).

Im regionalen Vergleich fällt zunächst auf, dass Minijobs als Nebentätigkeit in Westdeutschland wesentlich häufiger auftreten als in Ostdeutschland: Fast jede*r zehnte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Westdeutschland (9,6 Prozent) übt zusätzlich noch einen Minijob aus. In Ostdeutschland ist der Anteil mit 4,5 Prozent nur etwa halb so groß.  „Bei Frauen mit Zweitjob fällt zudem in Westdeutschland ein ausgeprägtes Süd-Nord-Gefälle auf.“ ()

Zwischen 2004 und 2020 sind in West- und Ostdeutschland jeweils ähnlich starke Anstiege der Neben-Minijobber*innen festzustellen – und zwar sowohl für Frauen als auch für Männer. Frauen in Ostdeutschland stellen mit 57 Prozent im Jahr 2020 einen geringfügig höheren Anteil an den Neben-Minijobber*innen als Frauen in Westdeutschland (55 Prozent) (vgl. Tabellen 2 und 3). Dabei ist allerdings zu beachten, dass Frauen in Westdeutschland fast doppelt so häufig wie Frauen in Ostdeutschland ausschließlich geringfügig beschäftigt sind. (5)

Häufiges Motiv für die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung ist für die Minijobber*innen die finanzielle Notwendigkeit. (6) Bedenklich ist außerdem, dass ein Teil der Arbeitnehmer*innen somit in Summe Wochenarbeitsstunden von 50 Stunden und mehr vorweist, und im Nebenjob häufig auf Abruf tätig ist. (7)

Für die Einschätzung der Bedeutung von Minijobs als Nebentätigkeit ist es wichtig, zwischen den Geschlechtern zu differenzieren, denn Frauen und Männer haben aus unterschiedlichen Gründen einen Neben-Minijob. Auf Basis der repräsentativen Längsschnittdaten des Sozio-ökonomischen Panels konnten Schmidt und Voss (8) mit ihren Analysen belegen:

  • Für Männer ist der Neben-Minijob zumeist ein Zuverdienst, denn die Mehrheit dieser Männer zählt zu den Beschäftigten mit überdurchschnittlichen Einkommen.
  • Der umgekehrte Zusammenhang gilt bei den Frauen, denn in der Mehrheit sind es Frauen mit geringen Einkommen, die einen zusätzlichen Minijob – neben ihrer Haupttätigkeit – ausüben. Frauen nehmen eine solche Nebentätigkeit vor allem auf, um ihre Existenzgrundlage abzusichern. Die finanzielle Notwendigkeit zur Ausübung eines Neben-Minijobs ergibt sich bei den meisten Frauen aus einer unfreiwilligen Teilzeit und den daraus resultierenden niedrigen Einkünften. (9)

Auslöser für die Notwendigkeit eines zusätzlichen Minijobs ist bei Frauen häufig eine Trennung, da sie dann nicht (länger) über einen Partner oder eine Partnerin abgesichert sind: Im Vergleich zu verheirateten Frauen üben geschiedene und getrenntlebende Frauen mehr als dreimal so häufig einen Neben-Minijob aus. (10)

 

Bearbeitung: Dietmar Hobler, Svenja Pfahl, Eugen Unrau

 

Literatur

Bundesagentur für Arbeit (2018): Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit geringfügig entlohntem Nebenjob, Arbeitsmarkt kompakt, Nürnberg, letzter Zugriff: 29.09.2021.

Graf, Sebastian / Höhne, Jutta / Mauss, Alexander / Schulze Buschoff, Karin (2019): Mehrfachbeschäftigung in Deutschland. Struktur, Arbeitsbedingungen und Motive. In: WSI-Report Nr. 48.

Hans-Böckler-Stiftung (2021): Coronakrise: Weniger Minijobs. Böckler Impuls, Ausgabe 12/2021, letzter Zugriff: 29.09.2021

Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja / Unrau, Eugen (2021): Minijobs als einzige Erwerbstätigkeit 2004-2020. WSI GenderDatenPortal.

Klinger, Sabine / Weber, Enzo (2019): Deutschland – Nebenjobberland. WSI-Mitteilungen, Jg. 72, H. 4, S. 247–259, letzter Zugriff: 29.09.2021.

Klinger, Sabine / Weber, Enzo (2017): Zweitbeschäftigungen in Deutschland: Immer mehr Menschen haben einen Nebenjob. IAB-Kurzbericht 22/2017, letzter Zugriff: 29.09.2021.

Schmidt, Tanja / Voss, Dorothea (2014): Arbeitsmarkt- und geschlechtsdifferentielle Einflussfaktoren für die Ausübung einer geringfügigen Nebenbeschäftigung. In: Industrielle Beziehungen, 21(1), S. 36–57.

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2020): Statistik erklärt. Warum weist die Beschäftigungsstatistik regelmäßig Daten zum Stichtag 30.6. statt "echter" Jahresdurchschnitte aus?, letzter Zugriff 29.09.2021

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2020): Statistik der sozialversicherungspflichtigen und geringfügigen Beschäftigung, Version 7.11, Grundlagen: Qualitätsbericht, Nürnberg, letzter Zugriff: 29.09.2021.

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2015): Methodenbericht. Beschäftigungsstatistik Revision 2014, zweite überarbeitete Fassung, Nürnberg, letzter Zugriff: 29.09.2021.

Voss, Dorothea / Schmidt, Tanja (2014): Wenn ein Job zum Leben nicht reicht. Mini-Zweitjobs: Für Frauen ein Muss – für Männer ein Zuverdienst. In: DGB frau geht vor, 03/2014, S. 12–14, letzter Zugriff: 29.09.2021.


(1) Diese Angaben beruhen auf den Jahresdurchschnittswerten, die auf Basis der Monatsangaben zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten – mit bzw. ohne Minijob – berechnet wurden (siehe methodische Anmerkungen).

(2) Der starke Anstieg dürfte vorwiegend darauf zurückzuführen sein, dass im Zuge der Arbeitsmarktreform 2003 auch die Möglichkeit geschaffen wurde, dass sozialversicherungspflichtig Beschäftigte neben ihrer Haupttätigkeit einen Minijob ausüben dürfen, der zumeist frei von Steuerabgaben und Sozialversicherungsbeträgen ist. Vgl. Klinger, Sabine / Weber, Enzo (2019): Deutschland – Nebenjobberland.

(3) Vgl. Hans-Böckler-Stiftung (2021): Coronakrise: Weniger Minijobs. Böckler Impuls, Ausgabe 12/2021, S.7

(4) Vgl. Bundesagentur für Arbeit (2018): Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit geringfügig entlohntem Nebenjob, S. 16.

(5) Vgl. Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja / Unrau, Eugen (2021): Minijobs als einzige Erwerbstätigkeit 2004-2020.

(6) Vgl. Graf, Sebastian / Höhne, Jutta / Mauss, Alexander / Schulze Buschoff, Karin (2019): Mehrfachbeschäftigung in Deutschland. Struktur, Arbeitsbedingungen und Motive. In: WSI-Report Nr. 48, S. 12

(7) A. a. O., S. 8

(8) Vgl. Schmidt, Tanja / Voss, Dorothea (2014): Arbeitsmarkt- und geschlechtsdifferentielle Einflussfaktoren für die Ausübung einer geringfügigen Nebenbeschäftigung. In: Industrielle Beziehungen, 21 (1), H.1, S. 36 – 57.

(9) Zu vergleichbaren Befunden gelangen auch Klinger und Weber in ihrer Untersuchung von Zweitbeschäftigungen in Deutschland auf Basis einer Stichprobe aus der IAB-Beschäftigtenhistorik (für das Jahr 2014): Beschäftigte üben einen Minijob als Nebenjob dann mit höherer Wahrscheinlichkeit aus, wenn sie in ihrer Haupttätigkeit teilzeitbeschäftigt sind und/oder wenn sie eine niedrig bezahlte Tätigkeit ausüben. Vgl. Klinger, Sabine / Weber, Enzo (2017): Zweitbeschäftigungen in Deutschland: Immer mehr Menschen haben einen Nebenjob.

(10) Vgl. Voss, Dorothea / Schmidt, Tanja (2014): Wenn ein Job zum Leben nicht reicht. Mini-Zweitjobs: Für Frauen ein Muss – für Männer ein Zuverdienst. In: DGB frau geht vor, 03/2014, S. 12 –14.

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