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WSI GenderDatenPortal: Erwerbsarbeit: Selbstständige Frauen und Männer, mit und ohne Beschäftigte, 1991-2021

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Frauen sind in Deutschland im Jahr 2021 seltener selbstständig als Männer. Dies gilt sowohl für Solo-Selbstständige als auch für Selbstständige mit Beschäftigten (Grafik 1).

Die Anzahl der Selbstständigen in Deutschland ist innerhalb des Beobachtungszeitraums 1991 bis 2021 von 2,9 Millionen auf 3,1 Millionen angestiegen (vgl. Tabelle 1). Der Anstieg im Beobachtungszeitraum geht vor allem auf die Entwicklung bis Mitte der 2010er Jahre zurück:

  • Bei den Frauen hat sich die Anzahl der Selbstständigen zwischen 1991 und 2017 fast verdoppelt (von anfangs 743.000 auf 1,25 Millionen), seitdem sinkt die Zahl jedoch wieder. Im Jahr 2021 sind noch eine Million Frauen in Deutschland selbstständig.
  • Bei den Männern stieg die Zahl der Selbstständigen zwischen 1991 und 2011 von 2,1 Millionen auf 2,7 Millionen an. In den darauffolgenden Jahren fällt der Rückgang der Selbstständigen unter Männern jedoch stärker aus. Im Jahr 2021 sind noch etwas mehr als 2 Millionen Männer in Deutschland als Selbstständige tätig.

Die Ergebnisse der Jahre 2020 und 2021 sind allerdings infolge methodischer und konzeptioneller Veränderungen des Mikrozensus nur eingeschränkt mit den Ergebnissen vor 2020 vergleichbar (siehe methodische Anmerkungen).

Für die Bewertung von Selbstständigkeit ist die strukturelle Unterscheidung zwischen der Solo-Selbstständigkeit (also den Selbständigen ohne eigene Beschäftigte), und der Selbstständigkeit mit Beschäftigten wichtig. Die Zunahme der Selbstständigkeit in Deutschland ist insgesamt stark mit dem Anstieg der Solo-Selbstständigkeit im Beobachtungszeitraum verbunden. (1) Die Anzahl der Solo-Selbstständigen verdoppelte sich innerhalb von nur zwei Jahrzehnten, zwischen 1991 und 2011. Bei Frauen sogar noch deutlicher als bei Männern (vgl. Grafik 1):

  • Die Zahl der solo-selbstständigen Frauen übertrifft über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg die Zahl derjenigen Frauen, die als Selbstständige auch selbst Angestellte beschäftigten. Bei den selbstständigen Männern waren bis 2003 hingegen Selbstständige mit eigenen Beschäftigten in der Mehrheit. Nur zwischen 2004 und 2013 gab es unter Männern mehr Solo-Selbstständige als Selbstständige mit eigenen Angestellten.
  • Bei den Frauen hat sich die Zahl der Selbstständigen mit Beschäftigten über den Beobachtungszeitraum hinweg nur leicht erhöht. Demgegenüber war sie bei den Männern seit 2013 sogar rückläufig.

Mit Beginn der Corona-Pandemie beschleunigte sich der Rückgang der Selbstständigkeit: Im Jahr 2020 gab es fast 400.000 weniger Selbstständige als 2019 (vgl. Tabelle 1). Denn im Vergleich zum Vorjahr wechselten 2020 doppelt so viele vormals Selbstständige in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. (2) Während die Zahl der Selbstständigen mit Beschäftigten im Jahr 2021 dann (sowohl bei Frauen als auch Männern) wieder angestiegen ist und fast auf Vor-Corona-Niveau liegt, bleibt die Anzahl an Solo-Selbstständigen weiter stark rückläufig: im Jahr 2021 gibt es insgesamt 141.000 weniger Solo-Selbstständige als 2020 (vgl. Tabelle 2).

Der Frauenanteil an allen Selbstständigen ist zwischen 1991 (26 Prozent) und 2021 (34 Prozent) um knapp 10 Prozentpunkte angestiegen (vgl. Grafik 2). Seit 2017 ist jedoch kein merklicher Anstieg mehr zu verzeichnen, der Frauenanteil rangiert seitdem zwischen 33 und 34 Prozent. Für die Teilgruppe der Solo-Selbstständigen fällt der Frauenanteil insgesamt höher aus, er stieg zudem von 31 Prozent (1991) auf 42 Prozent (2021) an. In der Teilgruppe der Selbstständigen mit Beschäftigten stieg der Frauenanteil dagegen – von einem niedrigeren Ausgangsniveau aus – langsamer an (1991: 21 Prozent, 2021: 26 Prozent).

Es zeigen sich einige deutliche regionale Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland (vgl. Grafik 3):

  • Insgesamt ist die Solo-Selbstständigkeit in Ostdeutschland für beide Geschlechter die häufigere Form der Selbstständigkeit, genauso wie für Frauen in Westdeutschland - während selbstständige Männer in Westdeutschland häufiger zugleich auch eigene Angestellte haben.
  • Der Frauenanteil an allen Selbstständigen fällt in Ostdeutschland um gut 2 Prozentpunkte höher aus als in Westdeutschland (vgl. Tabelle 3). Dies ist vor allem auf den in Ostdeutschland deutlich höheren Frauenanteil unter Selbstständigen mit eigenen Beschäftigten zurückzuführen (Westdeutschland: 25 Prozent, Ostdeutschland: 31 Prozent). Für die Teilgruppe der Solo-Selbstständigen fällt der Frauenanteil dagegen in Westdeutschland etwas höher aus (42 Prozent) als in Ostdeutschland (39 Prozent).

Selbstständigkeit muss für Frauen und Männer unterschiedlich bewertet werden. Gerade aus Gleichstellungsperspektive fallen bedeutende Ungleichheiten zwischen selbstständig tätigen Frauen und Männern auf:

  • Die Einkommen selbstständiger Frauen liegen durchschnittlich etwa 44 Prozent unter den Einkommen selbstständiger Männer. (3) Insbesondere bei Solo-Selbstständigkeit sind Frauen häufiger als Männer dem Niedrigeinkommenssektor zuzuordnen. (4)
  • Knapp die Hälfte der solo-selbstständigen Frauen übt die Selbstständigkeit im Zu- oder Nebenerwerb aus, während dies nur für ein Fünftel der solo-selbstständigen Männer gilt. (5) Gut die Hälfte der Frauen, die im Zuerwerb selbstständig tätig sind, hat Kinder. Unter selbstständig tätigen Männern im Zuerwerb gilt dies jedoch nur für ein Viertel. (6)
  • Frauen machen sich vermehrt im Bereich der körpernahen Dienstleistungen, im Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Bildungssektor selbstständig, Männer hingegen häufiger im Baugewerbe, im Land-/Forstwirtschaftsbereich oder in den Bereichen Verkehr und Logistik. (7)
  • Bei den Bildungsabschlüssen zeigt sich, dass selbstständige Frauen häufiger über höhere Bildungsabschlüsse (vor allem akademische Abschlüsse) verfügen als selbstständige Männer. (8)

Grundsätzlich ist an Selbstständigkeit als problematisch zu bewerten, dass Frauen und Männer, die ausschließlich selbstständig tätig sind, nicht verpflichtend in die gesetzliche Altersvorsorge eingebunden sind. (9) Für Frauen ergeben sich aus den genannten strukturellen Unterschieden besondere Einkommensunsicherheiten. Hinzu kommen gesetzliche und sozialversicherungsrechtliche Nachteile für selbstständig tätige Frauen rund um die Schwangerschaft (Mutterschutzgesetz, Mutterschutzleistungen). (10)

Auch die Corona-Krise wirkte sich auf selbstständige Frauen ungünstiger aus als auf Männer. Selbstständig tätige Frauen haben während der ersten Monate der Pandemie deutlich häufiger Einkommensverluste erlitten als selbstständige Männer. (11) Der Anteil an selbstständigen Frauen mit einem Individualnettoeinkommen von unter 1.500 Euro im Monat stieg durch die Corona-Pandemie deutlicher an als bei Männern. (12) Eine Erklärung dafür ist, dass die Bereiche, in denen sich Frauen überdurchschnittlich oft selbstständig machen, häufiger von pandemiebedingten Schließungen oder Kontaktbeschränkungen betroffen waren (z.B. personenbezogene Dienstleistungen und Handel). (13) Dies hat nicht nur kurzfristige Folgen: Frauen, die zu Beginn der Pandemie selbstständig waren, hatten im zweiten „Pandemie-Jahr“ 2021 eine deutlich niedrigere Wahrscheinlichkeit (68 Prozent) immer noch dieser Erwerbsform nachzugehen, als Männer (80 Prozent). (14)

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

 

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau, Maike Wittmann

Literatur

Biermann, Ingrid (2017): Mutterschutz für selbstständige Frauen. In: Gather, Claudia / Schürmann, Lena / Trenkmann, Jeannette (Hg.): (Solo)-Selbstständigkeit als gleichstellungspolitische Herausforderung. Expertise im Rahmen des Zweiten Gleichstellungsberichts der Bundesregierung, S. 88-92, letzter Zugriff:27.02.2023

Bliemeister, Patricia (2017): Zum Stand beruflicher Selbstständigkeit aus Gleichstellungsperspektive. In: Gather, Claudia / Schürmann, Lena / Trenkmann, Jeannette (Hg.): (Solo)-Selbstständigkeit als gleichstellungspolitische Herausforderung. Expertise im Rahmen des Zweiten Gleichstellungsberichts der Bundesregierung, S. 13-26, letzter Zugriff: 27.02.2023

Bonin, Holger et al (2022): Selbstständige Erwerbstätigkeit in Deutschland (Aktualisierung 2022). Expertise, IZA Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit, hrsg. vom BMAS, letzter Zugriff: 27.02.2023.

Brenke, Karl (2015): Selbstständige Beschäftigung geht zurück. In: DIW-Wochenbericht 36/2015, S. 790-796, letzter Zugriff: 27.02.2023.

Bundesweite Gründerinnenagentur (2015): Gründerinnen und Unternehmerinnen in Deutschland – Daten und Fakten IV, letzter Zugriff: 27.02.2023

Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) (2023): Mutterschutz für schwangere Selbständige, Policy Paper 23-01. Berlin, letzter Zugriff: 18.03.2023.

Europäische Kommission (2021): EU Labor Force Survey. Explanatory notes (to be applied from 2021Q1 onwards). Luxemburg, letzter Zugriff: 27.02.2023

Eurostat (o. D.): Arbeitskräfteerhebung der Europäischen Union (AKE): Beschreibung des Datenbestandes, letzter Zugriff: 27.02.2023.

Fritsch, Michael / Kritikos, Alexander / Pijnenburg, Katharina (2013): Unternehmungsgründungen nehmen zu, wenn die Konjunktur abflaut. In: DIW-Wochenbericht 12/2013, S. 3-8, letzter Zugriff: 18.10.2021.

Kritikos, Alexander / Graeber, Daniel / Seebauer, Johannes (2021): Corona-Pandemie drängt Selbstständige vermehrt zur Geschäftsaufgabe – Frauen stärker betroffen. DIW Aktuell Nr. 69,  letzter Zugriff 27.02.2023.

Schulze Buschoff, Katrin / Emmler, Helge (2021): Selbstständige in der Corona-Krise. Ergebnisse aus der HBS-Erwerbspersonenbefragung, Wellen 1 bis 5. WSI Policy Brief Nr. 60, 9/2021, letzter Zugriff 25.10.2021.

Seebauer, Johannes / Kritikos, Alexander / Graeber, Daniel (2021): Warum vor allem weibliche Selbstständige Verliererinnen der Covid-19-Krise sind. In: DIW Wochenbericht 15/2021, S. 261-269,  letzter Zugriff 29.09.2021.

Statistisches Bundesamt (2022): Mikrozensus. Qualitätsbericht 2021, letzter Zugriff: 06.03.2023

Statistisches Bundesamt (2020): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung. Ergebnisse des Mikrozensus zum Arbeitsmarkt 2019, Fachserie 1 Reihe 4.1, letzter Zugriff: 27.02.2023.

Statistisches Bundesamt (2012): Methodeninformation. Mikrozensus und Arbeitskräfteerhebung: Ergebnisse zur Erwerbstätigkeit ab dem Jahr 2011, letzter Zugriff: 18.10.2021.

 


(1) Der starke Zuwachs an Solo-Selbstständigkeit in den 1990er und 2000er Jahren hat mehrere Ursachen: Allgemein machen sich in Phasen konjunkturellen Abschwungs Arbeitskräfte – mangels besserer Erwerbsalternativen – vermehrt selbstständig (vgl. Fritsch, Michael et al. (2013), S. 7.2). Zudem wurde mit den Hartz-Reformen die Existenzgründung von Arbeitslosen stark gefördert (vgl. Brenke, Karl (2015), S. 791) und die Handwerksordnung dahingehend geändert, dass neue Betriebe nun auch von Personen ohne Meisterbrief gegründet werden konnten. Die Ausweitung der Solo-Selbstständigkeit steht darüber hinaus in Zusammenhang mit dem Strukturwandel hin zu einer wissensbasierten Dienstleistungsgesellschaft. Durch die Entwicklung moderner Kommunikationstechnologien können Solo-Selbständige inzwischen vielfältige Dienstleistungen anbieten.

(2) Vgl. Kritikos, Alexander/Graeber, Daniel/Seebauer, Johannes 2021: Corona-Pandemie drängt Selbstständige vermehrt zur Geschäftsaufgabe – Frauen stärker betroffen, S. 3.

(3) Vgl. Bliemeister, Patricia (2017): Zum Stand beruflicher Selbstständigkeit aus Gleichstellungsperspektive, S. 20.

(4) Vgl. Bonin, Holger et al (2022): Selbstständige Erwerbstätigkeit in Deutschland, S. 50.

(5) Vgl. Bliemeister, Patricia (2017): Zum Stand beruflicher Selbstständigkeit aus Gleichstellungsperspektive, S. 15.

(6) Vgl. a. a. O., S. 19.

(7) Vgl. Bonin, Holger et al  (2022): Selbstständige Erwerbstätigkeit in Deutschland, S. 29.

(8) Vgl. Bundesweite Gründerinnenagentur (2015): Gründerinnen und Unternehmerinnen in Deutschland, S. 28.

(9) Vgl. Bonin, Holger et al  (2022): Selbstständige Erwerbstätigkeit in Deutschland, S. 54.

(10) Vgl. Biermann, Ingrid (2017): Mutterschutz für selbstständige Frauen, S. 88 sowie Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb) (2023): Mutterschutz für schwangere Selbständige, Policy Paper 23-01. Berlin.

(11) Vgl. Seebauer, Johannes/Kritikos, Alexander/Graeber, Daniel (2021): Warum vor allem weibliche Selbstständige Verliererinnen der Covid-19-Krise sind, S. 263.

(12) Vgl. Schulze Buschoff, Katrin/Emmler, Helge (2021): Selbstständige in der Corona-Krise, S. 14.

(13) Vgl. Seebauer, Johannes/Kritikos, Alexander/Graeber, Daniel (2021): Warum vor allem weibliche Selbstständige Verliererinnen der Covid-19-Krise sind, S. 265.

(14) Vgl. Kritikos, Alexander/Graeber, Daniel/Seebauer, Johannes 2021: Corona-Pandemie drängt Selbstständige vermehrt zur Geschäftsaufgabe – Frauen stärker betroffen, S. 4.

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