: Ein Jahr Mindestlohn in Deutschland - Erfahrungen und Perspektiven
Seit dem 1. Januar 2015 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Noch im Jahr 2014 hatten zwischen 4,8 und 5,4 Millionen Beschäftigte einen geringeren Stundenlohn. Auch wenn sich bislang noch nicht exakt sagen lässt, wie viele Beschäftigte letztendlich von der Einführung des Mindestlohns profitiert haben, so deuten die überdurchschnittlich hohen Lohnsteigerungen in klassischen Niedriglohnbranchen auf erhebliche Mindestlohneffekte hin. Auch die Tarifpolitik hat von der Einführung des Mindestlohns profitiert und dazu beigetragen, dass die untersten Lohngruppen weiter angehoben wurden.
Die von vielen Ökonomen befürchteten negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind dagegen ausgeblieben. Die Beschäftigung in Deutschland hat im Gegenteil kontinuierlich zugenommen. Lediglich bei den Minijobs ist ein starker Rückgang beobachtbar, wobei hier ein erheblicher Anteil in sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze umgewandelt wurde.
Vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen wird derzeit über die zukünftige Anpassung des Mindestlohns diskutiert, die erstmals Anfang 2017 erfolgen soll. Als Orientierungsgröße für die Empfehlung der Mindestlohnkommission soll laut Mindestlohngesetz die vergangene Entwicklung der Tariflöhne gelten. Nach dem Tarifindex des Statistischen Bundesamtes stiegen die Tariflöhne in den Jahren 2014 und 2015 insgesamt um 5,5%. Demnach müsste der Mindestlohn auf etwa 9 € angehoben werden. Darüber hinaus wäre zu prüfen, ob ein solches Mindestlohnniveau tatsächlich den im Mindestlohngesetz geforderten "angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer" gewährleistet.
Quelle
Amlinger, Marc; Bispinck, Reinhard; Schulten, Thorsten:
Ein Jahr Mindestlohn in Deutschland - Erfahrungen und Perspektiven
WSI Report, Düsseldorf, 28 Seiten