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WSI GenderDatenPortal: Mitbestimmung: Betriebliche Führungspositionen nach Führungsebene 2004-2022

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In den Chefetagen der privatwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland sind Frauen immer noch stark unterrepräsentiert, verglichen mit ihrem durchschnittlichen Anteil an allen Beschäftigten.

Im Jahr 2022 stellen Frauen mit 44 Prozent annähernd die Hälfte aller Beschäftigten in privatwirtschaftlichen Betrieben. Der Frauenanteil nimmt jedoch deutlich ab, je höher die betrachteten beruflichen Positionen sind: Auf der zweiten betrieblichen Führungsebene sind Frauen mit einem Anteil von 41 Prozent immerhin fast adäquat zu ihrem Anteil an allen Beschäftigten (44 Prozent) vertreten. Auf der obersten Führungsebene im Betrieb sind Frauen jedoch stark unterrepräsentiert: Sie nehmen hier nur etwas mehr als ein Viertel aller Plätze ein (28 Prozent).

Innerhalb des Beobachtungszeitraums 2004 bis 2022 hat sich die Gleichstellung von Frauen und Männern auf den beiden oberen Führungsebenen von privatwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland nur partiell verbessert:

  • Der Frauenanteil auf der zweiten Führungsebene hat sich zwischen 2004 und 2022 von 33 Prozent auf 41 Prozent deutlich erhöht. Damit wurde die bestehende Unterrepräsentanz von Frauen fast ganz abgebaut. Allerdings stagniert diese Entwicklung seit 2016.
  • Auf der ersten betrieblichen Führungsebene sind hingegen zwischen 2004 und 2022 kaum Veränderungen festzustellen: Hier ist der Frauenanteil innerhalb von 18 Jahren lediglich um 3 Prozentpunkte angestiegen. Berücksichtigt man zudem, dass der Frauenanteil an allen Beschäftigten im gleichen Zeitraum ebenfalls zugenommen hat (um 3 Prozentpunkte), kann für die obersten Führungspositionen keine nennenswerte Verbesserung konstatiert werden. (1)

Der regionale Vergleich offenbart dabei – relativ beständige – Unterschiede für Frauen in West- und Ostdeutschland auf der ersten als auch der zweiten Führungsebene:

  • Sowohl in Westdeutschland als auch in Ostdeutschland stellen Frauen mit aktuell 44 Prozent knapp die Hälfte aller Beschäftigten in der Privatwirtschaft.
  • Auf der zweiten Führungsebene sind Frauen in Westdeutschland mit einem Anteil von 40 Prozent weiterhin leicht unterrepräsentiert, in Ostdeutschland hingegen mit 46 Prozent entsprechend ihres Beschäftigtenanteils repräsentiert.
  • Auf der ersten Führungsebene sind Frauen in Westdeutschland mit einem Anteil von nur 27 Prozent deutlich unterrepräsentiert. In Ostdeutschland sind Frauen ebenfalls unterrepräsentiert, aber immerhin zu einem Drittel vertreten (32 Prozent) .

Als Ursache für die Unterrepräsentanz von Frauen in den Führungsetagen von Betrieben lassen sich verschiedene Gründe nennen: Zum einen hängt der begrenzte Aufstieg von Frauen mit der fortbestehenden geschlechtertypischen Arbeitsteilung bei Hausarbeit und familiären Care-Aufgaben zusammen. Zudem verringern längere Erwerbsunterbrechungen bzw. längere Erwerbsphasen in Teilzeit von Frauen ihren beruflichen Aufstieg an die betriebliche Spitze (im Vergleich zu den Chancen von meist durchgängig vollzeitbeschäftigten Männern). (2) Aber auch die Entscheidung von (einem Teil der) Frauen für Berufe bzw. Branchen, „die mit strukturellen Nachteilen wie geringere Aufstiegschancen auf obere Führungsebenen verbunden sind“ spielen hierbei eine Rolle. (3) Daneben beeinflussen auch unternehmensbezogene Rahmenbedingungen die Aufstiegschancen der Frauen. Stereotype in der Arbeitswelt sorgen dafür, dass Frauen geringere Karriereorientierungen unterstellt werden, hinzu kommen „strukturelle Barrieren, wie nicht standardisierte und wenig transparente Auswahlverfahren bei Stellenbesetzungen“ sowie der Umstand, dass informelle und karriereunterstützende (männerdominierte) Netzwerke für sie nicht immer zugänglich sind. (4) Erschwerend wirken sich im Betrieb geltende normative Arbeitserwartungen aus, wie sie insbesondere für Führungskräfte gelten, die von „überlangen Arbeitszeiten und hohen Erreichbarkeitsanforderungen“ ausgehen. Dies ist gerade für Personen mit familiären Care-Aufgaben schwer zu erfüllen. (5)

Im Mai 2015 trat in Deutschland das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen (FüPoG) in Kraft, mit dem alle börsennotierten und/oder mitbestimmungspflichtigen Unternehmen u.a. zur Festlegung von Zielgrößen für Vorstand, Aufsichtsratsgremium sowie den beiden obersten Führungsebenen im Unternehmen unterhalb des Vorstandes verpflichtet sind – mit dem Ziel, den Anteil des bisherigen Minderheitengeschlechts dort jeweils zu erhöhen. Allerdings ist auch die Zielgröße „Null“ zulässig, so dass diese vom Unternehmen zu definierenden Zielgrößen nicht zwingend zu einer Steigerung des Frauenanteils führen müssen. Auch das im August 2021 in Kraft getretene, ergänzende Zweite Führungspositionen-Gesetz (FüPoGII) hat hier nur sehr partiell nachgebessert: seitdem muss eine Zielgröße „Null“ für die beiden obersten Führungsebenen unterhalb des Vorstandes nun zumindest klar und verständlich vom Unternehmen begründet werden. Beträgt der Frauenanteil auf diesen beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstandes/der Geschäftsführung bei Neu-Festlegung der Zielgrößen immer noch weniger als 30 Prozent, so dürfen die neu definierten Zielgrößen den bereits erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Mit Blick auf das Jahr 2022 haben jedoch auch diese Verschärfungen nicht ausgereicht, um den Anteil an Frauen in den höchsten Führungsebenen zu steigern.

Möglicher Gestaltungsansatz: Ein wichtiger Schritt, um Frauen den Aufstieg in Führungspositionen zu ermöglichen, wäre, die Übernahme von Führungsaufgaben verstärkt auch für Teilzeitbeschäftigte zu ermöglichen. Bisher bietet nur knapp ein Viertel aller privatwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland seinen Führungskräften grundsätzlich an, auch in Teilzeit arbeiten zu können – und nur in gut jedem zweiten dieser Betriebe kommt es dann in der Praxis auch tatsächlich dazu, dass Führungskräfte in Teilzeit arbeiten. (6) Die Bundesregierung unterstützt mit ihrem Projekt „Führen in Teilzeit in den obersten Bundesbehörden“ (FiTZ) ebenfalls diesen Ansatz und bietet in allen obersten Bundesbehörden entsprechende Modelle zum Führen in Teilzeit an. Allerdings sind auch hier bisher erst 11 Prozent aller Führungspositionen mit Teilzeitbeschäftigten besetzt. (7)

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den PDF-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.


Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau


Literatur

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (o.J.): Führen in Teilzeit in den obersten Bundesbehörden, letzter Zugriff: 25.08.2024.

Forschungsdatenzentrum der Bundesagentur für Arbeit im Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (o.J.): IAB-Betriebspanel (IAB-BP), letzter Zugriff: 19.08.2024.

Hans Böckler Stiftung (2015): Mehr Chancen mit Chefin. In: Böckler Impuls Nr. 16/2015, letzter Zugriff: 19.08.2024.

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (o.J.): Das IAB-Betriebspanel, letzter Zugriff: 16.04.2024.

Klenner, Christina/Lott, Yvonne (2016): Arbeitszeitoptionen im Lebensverlauf. Bedingungen und Barrieren ihrer Nutzung im Betrieb (Kurzfassung), Hans Böckler Stiftung, Working Paper Nr. 203/2016, S.1-22, letzter Zugriff 19.08.2024.

Kohaut, Susanne/Möller, Iris (2023): Führungspositionen in Deutschland 2022: Frauen bleiben nach wie vor unterrepräsentiert, IAB-Kurzbericht 22/2023, Nürnberg, letzter Zugriff: 19.08.2024.

Kohaut, Susanne/Möller, Iris (2022): Führungspositionen in Betrieben und Verwaltungen: Der Weg nach ganz oben bleibt Frauen oft versperrt, IAB-Kurzbericht 01/2022, Nürnberg, letzter Zugriff: 19.08.2024.

Kohaut, Susanne/Möller, Iris (2019): Frauen in leitenden Positionen: Leider nichts Neues auf den Führungsetagen, IAB-Kurzbericht 23/2019, Nürnberg, letzter Zugriff: 19.08.2024.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024): Gründe für Teilzeittätigkeit nach Elternschaft 2022, in: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023): Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten 1991 – 2021, in: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2023): Horizontale Segregation des Arbeitsmarktes 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

 


(1) Die Unterrepräsentanz von Frauen in der Führungsetage ist sowohl in Betrieben der Privatwirtschaft als auch im Öffentlichen Sektor festzustellen, vgl. Kohaut, Susanne/Möller, Iris (2022): Führungspositionen in Betrieben und Verwaltungen. Der Weg nach ganz oben bleibt Frauen oft versperrt, S. 1. Dabei nimmt der Anteil von Frauen auf der ersten und zweiten Führungsebene, genauso wie der Anteil von Frauen an allen Beschäftigten, mit zunehmender Betriebsgröße tendenziell ab, vgl. Kohaut, Susanne/Möller, Iris (2023): Führungspositionen in Deutschland 2022. Frauen bleiben nach wie vor unterrepräsentiert, S. 3.

(2) Mit einem Anteil von 45 Prozent sind fast die Hälfte aller Frauen in Deutschland in Teilzeitarbeit tätig. Vgl. dazu Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen/Wittmann, Maike (2023): Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten 1991 – 2021, in: WSI GenderDatenPortal. Als Hauptgrund dafür geben teilzeitbeschäftigte Frauen „familiäre Betreuungsaufgaben“ an. Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024): Gründe für Teilzeittätigkeit nach Elternschaft 2022, in: WSI GenderDatenPortal.

(3) Vgl. Kohaut, Susanne/Möller, Iris (2019): Frauen in leitenden Positionen. Leider nichts Neues auf den Führungsetagen, S. 6. Der deutsche Arbeitsmarkt ist durch eine starke horizontale Segregation geprägt, vgl. Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2023): Horizontale Segregation des Arbeitsmarktes 2022, in: WSI GenderDatenPortal.

(4) Vgl. Kohaut, Susanne/Möller, Iris (2022): Führungspositionen in Betrieben und Verwaltungen. Der Weg nach ganz oben bleibt Frauen oft versperrt, S. 7.

(5) Vgl. Kohaut, Susanne/Möller, Iris (2019): Frauen in leitenden Positionen. Leider nichts Neues auf den Führungsetagen, S. 6. Vgl. ergänzend hierzu auch: Klenner, Christina/Lott, Yvonne (2016): Arbeitszeitoptionen im Lebensverlauf. Bedingungen und Barrieren ihrer Nutzung im Betrieb (Kurzfassung), S. 11.

(6) Vgl. Kohaut, Susanne/Möller, Iris (2023): Führungspositionen in Deutschland 2022. Frauen bleiben nach wie vor unterrepräsentiert, S. 5.

(7) Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (o.J.), Führen in Teilzeit in den obersten Bundesbehörden.

Quelle

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