Quelle: HBS
PodcastsSystemrelevant Podcast: Was verstehen Menschen unter dem Begriff Arbeit?
Der Begriff „Arbeit“ ist sehr komplex. Seine Bedeutung reicht weit über die traditionelle Vorstellung „Eine bezahlte Tätigkeit“ hinaus. Wieso ein umfassenderer Blick auf Arbeit vonnöten ist, um eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen, ist Thema dieser Folge.
[20.09.2024]
Meist haben Menschen individuelle Vorstellungen von Arbeit. Diese hängen von persönlichen Erfahrungen, Werten und gesellschaftlichen Erwartungen ab. Aber was verstehen Menschen alles unter dem Begriff „Arbeit“? Konsens besteht wohl darin, dass Arbeit mehr als nur eine bezahlte Tätigkeit ist.
Die Wissenschaftlerin Karin Schulze Buschoff und die Wissenschaftler Hans J. Pongratz und Sebastian Graf haben im Juli für das WSI die Erkenntnisse einer explorativen Studie veröffentlicht. Die Ergebnisse setzen sich aus leitfadengestützten Einzelinterviews mit 27 Personen mit Erwerbserfahrung zusammen. Schulze Buschoff (Leiterin des Referats Arbeitsmarktpolitik am WSI) und Pongratz (Arbeitssoziologe, außerplanmäßiger Professor an der Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München und Senior Research Fellow am WSI) unterhalten sich mit Bettina Kohlrausch (Wissenschaftliche Direktorin des WSI) gemeinsam mit Moderator Marco Herack in der neuen Folge über die Ergebnisse der Studie und darüber, was Arbeit eigentlich ist.
Oskar Negt hat vor 20 Jahren eine Streitschrift veröffentlicht unter dem Titel: Wozu noch Gewerkschaften? Er mahnt an, für die Gewerkschaften in die Verantwortung für die Lebensbedingungen des ganzen Menschen zu gehen und dazu auch die ganze Arbeit mit einzubeziehen. Zitat: „Es ist eine Überforderung für die Gewerkschaften, aber sie ist nicht realitätslos, ja noch deutlicher ausgedrückt, sie ist für die Gewerkschaften eine existenzielle Begründung ihrer Notwendigkeit.“
Die Podcast-Runde unterhält sich über drei zentrale Merkmale, die laut der Teilnehmer*innen der Studie, Arbeit ausmachen: Verpflichtung, Anstrengung und Regelmäßigkeit. Tätigkeiten wie Hausarbeit, Kinderbetreuung und ehrenamtliches Engagement werden als wichtige Formen von Arbeit anerkannt, auch wenn sie nicht monetär entlohnt werden.
Bettina Kohlrausch unterstreicht, dass das interessante Erkenntnisse sind, da es doch sonst eine starke Tendenz zu geben scheint, Sorgearbeit den Arbeitscharakter abzusprechen. Auch um zu vertuschen, dass es sich dabei um Arbeit handelt und eben um etwas, was sehr notwendig ist für die Gesellschaft und deshalb eigentlich auch mit entsprechender sozialer Anerkennung versehen sein sollte.
Eine Diskussion über das Thema und den Begriff kann weitreichende Konsequenzen für die Arbeitspolitik und die Gesellschaft insgesamt mit sich bringen. Dass eine umfassendere Anerkennung aller Formen von Arbeit notwendig ist, um eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen, sollte laut aller Gesprächsteilnehmer*innen klar sein.
Weiterhin zeige die Studie, wie wichtig qualitative Forschung ist, um die subjektiven Erfahrungen von Menschen zu erfassen. Die Ergebnisse der Studie haben weitreichende politische Konsequenzen für die Gestaltung von Arbeitsmärkten und Sozialsystemen. Die Diskussion wirft Fragen nach der Zukunft der Arbeit auf und fordert ferner dazu auf, neue Formen der Arbeitsorganisation und -gestaltung zu entwickeln.
Moderation: Marco Herack
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Studie "Arbeit in ihrer Vielfalt"
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In Systemrelevant analysieren führende Wissenschaftler:innen der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Moderator Marco Herack, was Politik und Wirtschaft bewegt: makroökonomische Zusammenhänge, ökologische und soziale Herausforderungen und die Bedingungen einer gerechten und mitbestimmten Arbeitswelt – klar verständlich und immer am Puls der politischen Debatten.
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Christina Schildmann