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WSI GenderDatenPortal: Transformation: Substituierbarkeitspotenziale von Frauen und Männern 2013-2022

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Frauen üben im Jahr 2022 seltener als Männer berufliche Tätigkeiten aus, die von Computern oder computergesteuerten Maschinen übernommen werden können – anders gesagt: sie sind seltener als Männer in Berufen mit hohem Substituierbarkeitspotenzial tätig (vgl. Grafik 1). (1)

Genau diese potenzielle Ersetzbarkeit menschlicher Arbeit durch Computer bzw. durch computergesteuerte Maschinen beschreibt das sog. Substituierbarkeitspotenzial: den Anteil an beruflichen Kerntätigkeiten im jeweils ausgeübten Beschäftigungsverhältnis, der schon heute potenziell durch neue Technologien übernommen werden könnte (vgl. Glossar). Dabei wird unterschieden zwischen Berufen mit hohem, mittlerem oder niedrigem Substituierbarkeitspotenzial. Das Substituierbarkeitspotenzial gilt als „hoch“, wenn mehr als 70 Prozent der Kerntätigkeiten in der jeweiligen Beschäftigung – statt von einem Menschen geleistet zu werden – potenziell auch durch computergestützte Technologien übernommen werden könnten, und als „niedrig“, wenn maximal 30 Prozent der Kerntätigkeiten durch Technologie ersetzt werden könnten (vgl. Glossar).

Hintergrund: Warum erledigen Frauen seltener als Männer potenziell substituierbare Tätigkeiten? Frauen und Männer verteilen sich in Deutschland unterschiedlich auf die 14 Berufssegmente (horizontale Segregation) und sind zu unterschiedlichen Anteilen in den verschiedenen beruflichen Leistungsgruppen zu finden (vertikale Segregation). (2) (3) Dementsprechend unterscheiden sich die Kerntätigkeiten, die Frauen und Männer in den von ihnen jeweils ausgeübten Beschäftigungen leisten. Und grundsätzlich gilt: Kerntätigkeiten in Fertigungsberufen sind beispielsweise heute schon zu einem höheren Grad substituierbar als Kerntätigkeiten in sozialen und kulturellen Dienstleistungstätigkeiten.

  • Aus diesem Grund sind Frauen und Männer in Deutschland im Jahr 2022 unterschiedlich von hoher oder niedriger Substituierbarkeit in ihren Beschäftigungsverhältnissen betroffen. (4) Die beruflichen Tätigkeiten von Frauen sind seltener von hoher Substituierbarkeit und gleichzeitig häufiger von niedriger Substituierbarkeit gekennzeichnet als die von Männern:
  • Von den von Frauen ausgeübten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen (insgesamt: 16,0 Millionen) weisen ein Drittel (d.h. 5,2 Millionen) ein „hohes“ Substituierbarkeitspotenzial auf (34 Prozent). Für Männer trifft dies hingegen auf 43 Prozent aller Beschäftigungen zu (d.h. 7,8 Millionen von insgesamt 18,4 Millionen).
  • Umgekehrt unterliegen 28 Prozent der Frauen (d.h. 4,4 Millionen) aber nur 14 Prozent der Männer (d.h. 2,6 Millionen) in ihrer ausgeübten Beschäftigung einem „niedrigem“ Substituierbarkeitspotenzial.
  • Beschäftigungen mit einem „mittleren“ Substituierbarkeitspotenzial werden von 40 Prozent der Frauen (6,4 Millionen) wie auch von 43 Prozent der Männer (8,0 Millionen) ausgeübt, also in einem in etwa vergleichbaren Umfang.

Die absolute Zahl an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen mit mittlerem Substituierbarkeitspotenzial hat sich innerhalb des Beobachtungszeitraums – für Frauen wie Männer – nur gering verändert (vgl. Grafik 1). Aber die Zahl der Beschäftigungen mit hohem Substituierbarkeitspotenzial ist – bei Frauen wie Männern – zwischen 2013 und 2022 stark angestiegen, die der Beschäftigungen mit niedrigem Substituierbarkeitspotenzial hingegen erkennbar zurückgegangen. Vor allem auf Grund des technologischen Fortschritts zeigt sich hier eine große Veränderungsdynamik:

  • Die absolute Anzahl an Beschäftigungen mit hohem Substituierbarkeitspotenzial hat sich bei Frauen – von einem niedrigeren Anfangsniveau kommend – innerhalb von nur neun Jahren fast verfünffacht (von 1,1 auf 5,2 Millionen), bei Männern etwas mehr als verdoppelt (von 3,4 auf 7,8 Millionen). Für die letzten Jahre zeichnet sich also ein deutlicher Trend zur Substituierbarkeit immer weiterer Tätigkeiten ab, auch solcher, die verstärkt von Frauen ausgeübt werden.
  • Im Gegenzug ist die Zahl der Beschäftigungen mit niedrigem Substituierbarkeitspotenzial bei Frauen um 32 Prozent zurückgegangen (von 6,5 auf 4,4 Millionen), bei Männern sogar um 56 Prozent (von 5,9 auf 2,6 Millionen).

Der größte Anteil der sozialversicherungspflichtigen Frauen war innerhalb des Beobachtungszeitraums durchgängig von einem mittleren Substituierbarkeitspotenzial betroffen, bei gleichzeitig steigendem Anteil an Frauen mit hohem Substituierbarkeitspotenzial (vgl. Grafik 2). Bei den Männern liegt der Anteil der Beschäftigungen mit hohem und mittleren Substituierbarkeitspotenzial seit 2019 in etwa gleichauf, was bei den Frauen seit 2022 nun ebenfalls zutrifft. Die Substituierbarkeit menschlicher Arbeit scheint bei Männern bisher stets einige wenige Jahre Vorsprung vor derjenigen bei Frauen zu haben.

Die Ursachen für die unterschiedlichen Entwicklungen liegen insbesondere in der horizontalen geschlechtlichen Segregation des Arbeitsmarktes begründet. Männer arbeiten sehr viel häufiger in inzwischen längst hoch substituierbaren Fertigungs- und fertigungstechnischen Berufen. Allerdings sind in den letzten Jahren vermehrt auch Verwaltungs- und Sachbearbeitungstätigkeiten ersetzbar geworden, die häufig von Frauen ausgeübt werden, etwa in kaufmännischen Berufen im Bereich der Unternehmensführung/-organisation bzw. der unternehmensbezogenen Dienstleistungen. (5) Der Anteil an Beschäftigungen mit hohem Substituierbarkeitspotenzial ist daher in den letzten Jahren gerade für Frauen prozentual sehr viel deutlicher angestiegen als für Männer. Die hier vorliegenden Ergebnisse sollten daher nicht zu der trügerischen Prognose verleiten, Frauen seien (auch) in Zukunft weniger von der Digitalisierung betroffen als Männer. (6)

 

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau

 

Literatur

Burkert, Carola/Grienberger, Katharina/Matthes, Britta/Röhrig, Annette (2024): Digitale und KI-Technologien verändern inzwischen verstärkt auch die Arbeitswelt von Frauen, in: IAB-Forum, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Burkert, Carola/Grienberger, Katharina/Matthes, Britta (2022): Zweischneidiges Schwert: Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Geschlechterungleichheit am Arbeitsmarkt aus? In: IAB-Forum 13. Juni 2022, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Dengler, Katharina/Matthes, Britta (2021): Auch komplexere Tätigkeiten könnten zunehmend automatisiert werden. IAB-Kurzbericht 13/2021, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Dengler, Katharina/Matthes, Britta (2020): Substituierbarkeitspotenziale von Berufen und die möglichen Folgen für die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt. Expertise für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, letzter Zugriff 09.10.2024.

Grienberger, Katharina/Matthes, Britta/Paulus, Wiebke (2024): Vor allem Hochqualifizierte bekommen die Digitalisierung verstärkt zu spüren. IAB-Kurzbericht 5/2024, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) (2024): Beruf – Struktur – Entwicklung. Erläuterungen, letzter Zugriff: 09.10.2024.

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) (o. J.): Beruf – Struktur – Entwicklung, letzter Zugriff: 07.10.2024.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024a): Substituierbarkeitspotenziale nach Anforderungsniveaus 2013-2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Substituierbarkeitspotenziale nach Berufssegmenten 2022. In: WSI-GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024c): Vertikale Segregation des Arbeitsmarktes 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2023): Horizontale Segregation des Arbeitsmarktes 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2022): Qualitätsbericht. Statistik der sozialversicherungspflichtigen und geringfügigen Beschäftigung. Version 7.12, Nürnberg, letzter Zugriff: 09.10.2024.


(1) Nach eigenen Berechnungen könnte im Jahr 2022 insgesamt etwa die Hälfte der von Frauen insgesamt geleisteten Tätigkeiten alternativ durch computergestützte Technologien vollumfänglich ersetzt werden (rund 52 Prozent) – bei Männern betrifft dies jedoch sogar noch deutlich mehr als die Hälfte der geleisteten Tätigkeiten (59 Prozent).

(2) Vgl. Pfahl, Svenja/Wittmann, Maike (2023): Horizontale Segregation des Arbeitsmarktes 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

(3) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024c): Vertikale Segregation des Arbeitsmarktes 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

(4) Vgl. hierzu auch: Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Substituierbarkeitspotenziale nach Berufssegmenten 2022. In: WSI GenderDatenPortal sowie Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024a): Substituierbarkeitspotenziale nach Anforderungsniveaus 2013-2022. In: WSI GenderDatenPortal.

(5) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Substituierbarkeitspotenziale nach Berufssegmenten 2022. In: WSI-GenderDatenPortal.

(6) Vgl. Burkert, Carola et al. (2024): Digitale und KI-Technologien verändern inzwischen verstärkt auch die Arbeitswelt von Frauen. In: IAB-Forum.


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