Quelle: WSI
WSI-MitteilungenPaster, Thomas / Oude Nijhuis, Dennie / Kiecker, Maximilian : Arbeitgeberhaltungen zur Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen in Deutschland und den Niederlanden
DOI: 10.5771/0342-300X-2021-2-98
Seiten 98-105
Zusammenfassung
Die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen wird in vielen europäischen Ländern angewandt, um eine stabil hohe Tarifbindung zu erreichen. Aus Sicht der tarifgebundenen Arbeitgeber können allgemeinverbindliche Tarifverträge – dies zeigt sich im Ländervergleich – sowohl als vorteilhaft als auch umgekehrt als nachteilig bewertet werden. Dieser Beitrag untersucht die Haltungen der deutschen und niederländischen Arbeitgeberverbände gegenüber allgemeinverbindlichen Tarifverträgen. Es wird gezeigt, dass die niederländischen Arbeitgeber allgemeinverbindliche Tarifverträge deutlich positiver sehen als die deutschen, was deren stärkere Verbreitung in den Niederlanden erklärt. Die unterschiedlichen Positionen der Arbeitgeber haben zum einen historische Gründe. Zum anderen sind sie auf eine unterschiedliche Einschätzung der Auswirkungen von Lohnwettbewerb durch nicht-tarifgebundene Firmen zurückzuführen. In Deutschland trugen zudem Konflikte unter den Arbeitgebern zu einer Erosion der Allgemeinverbindlicherklärung bei, während in den Niederlanden ein branchenübergreifender Konsens unter den Arbeitgebern die Anwendung der Allgemeinverbindlicherklärung erleichtert.
Abstract
Employer Attitudes toward the Statutory Extension of Bargaining Coverage in Germany and the Netherlands
The statutory extension of multi-employer collective agreements to non-organised firms is used in many European countries to shore up bargaining coverage. From the perspective of employers bound to collective agreements, statutory extension has both advantages and disadvantages. This article investigates the attitudes towards statutory extensions of employers’ associations in Germany and in the Netherlands. It is shown that Dutch employers’ associations view statutory extensions much more positively than the German ones. These differences in employer attitudes explain the wider use of extensions in the Netherlands. The differences in employer attitudes in turn are the result of different historical experiences and different assessments of the effects of wage competition by non-covered firms. In Germany, moreover, conflicts among employers have resulted in a decline in the use of extensions, while in the Netherlands a consensus among employers across all industries facilitates the statutory extension of collective agreements.