Quelle: WSI
WSI-MitteilungenBieling, Hans-Jürgen : Aufstieg des Rechtspopulismus im heutigen Europa – Umrisse einer gesellschaftstheoretischen Erklärung
WSI-Mitteilungen 8/2017, Seiten 557–565
Zusammenfassung
Dieser Beitrag befasst sich mit den gesellschaftlichen – politökonomischen und soziokulturellen – Ursachen und Triebkräften des heutigen Rechtspopulismus. Er greift hierzu auf die Konzeption der „Doppelbewegung“ zurück, die von dem ungarisch-kanadischen Wirtschaftshistoriker Karl Polanyi entwickelt worden war, um den Aufstieg des Faschismus in der Zwischenkriegszeit zu erklären. Konstitutiv für die „Doppelbewegung“ war damals die gegenläufige Dialektik zweier Organisationsprinzipien, d.h. des Wirtschaftsliberalismus und der sozialen Protektion. Auch heute ist eine derartige „Doppelbewegung“ erkennbar. So erzeugen die globalisierungs- und finanzialisierungsinduzierten Prozesse einer marktliberalen Entbettung vielfältige Formen der sozialen Ausgrenzung und soziokulturelle Identitätskrisen, die ihrerseits Prozesse der gesellschaftlichen Gegenwehr und Protektion stimulieren. Allerdings müssen mit Blick auf die heutige Konstellation über die Perspektive der „Doppelbewegung“ hinaus weitere gesellschaftsstrukturelle und politisch-strategische Erklärungskomponenten hinzugezogen werden.
Abstract
This article addresses the social – political economic and socio-cultural – causes and driving forces of current right-wing populism of today. For this purpose, it refers to the concept of the “double movement”, developed by the Hungarian-Canadian economic historian Karl Polanyi to explore the rise of fascism in the interwar period. At that time, the contrary dialectic of the two organising principles of economic liberalism and social protection was constitutive of the “double movement”. Also today a “double movement” is discernable. Processes of market-liberal disembedding, caused by globalisation and financialisation generate manifold forms of social exclusion and socio-cultural identity crises, which in turn stimulate processes of social resistance and protection. However, with respect to the current constellation, the analysis needs to move beyond the perspective of the “double movement” by incorporating further social structural and political-strategic components in a socio—theoretical exploration.