Detje, Richard / Mayer-Ahuja, Nicole : Der Arbeit ein neues Maß geben. Anregungen aus dem Kampf um die 35-Stunden-Woche für aktuelle Zeit-Konflikte
DOI: 10.5771 /0342-300X-2025-1-14
Seiten 14–21
Zusammenfassung
40 Jahre nach dem Kampf um die 35-Stunden-Woche in der westdeutschen Metall-, Elektro- und Druckindustrie steht Arbeitszeitverkürzung erneut im Zentrum der Auseinandersetzung. Wie damals geht es um Beschäftigungssicherung – doch ein erster Anlauf in Richtung einer Vier-Tage-Woche, die eine deutliche Mehrheit der Beschäftigten befürwortet, blieb in der Stahlindustrie vorerst stecken. Ein aktuelles Pilotprojekt (80 Prozent Arbeitszeit – 100 Prozent Leistung – 100 Prozent Gehalt) lässt statt der (1984 geforderten) Humanisierung mehr Verdichtung von Arbeit befürchten. Leistungspolitik, die dies verhindern könnte, wird in der Industrie kaum noch betrieben, während etwa in der Pflege Personalbemessung erkämpft wird. Auch heute geht es um mehr Zeit zum „Leben, Lieben, Lachen“ und für Sorgearbeit ; dazu dient die Verbindung individueller Wahloptionen mit kollektiven Regelungen. Doch Arbeitszeitverkürzung nutzt nicht allen Beschäftigten. Bei unfreiwilliger Teilzeit braucht es längere Arbeitszeiten für existenzsichernde Löhne. „Kurze Vollzeit für alle“ könnte ein einigendes Band neuer arbeitszeitpolitischer Offensivstrategien sein: 80 Prozent Arbeitszeit – 80 Prozent Leistung – 100 Prozent Gehalt.
Schlagworte: Arbeitszeit, Arbeitszufriedenheit, Work Life Balance/Vereinbarkeit, Gewerkschaftspolitik, Lebensqualität
Abstract
40 years after the struggle for a 35-hour workweek in the Western German metal, electrical, and printing industries, the quest for reduced work hours is once more at the centre of discussions. Although just like in 1984, it’s all about securing jobs, a first move towards a four-day week, which is preferred by the vast majority of wage earners, has just been put on hold in the steel industry. An ongoing pilot project, advocating 80 percent of hours at 100 percent performance and 100 percent pay, points to a risk of further intensification rather than the humanisation of work fought for in the 1980s. In the industries, performance regulation apt to prevent this development is hardly pursued anymore, while the health care sector, for example, is fighting for statutory assessment of staffing needs. It’s still all about more time to “live, love and laugh” and to care for others ; to be achieved through individual choices and collective agreements. However, a shorter workweek is not appealing to all. For those in involuntary part-time work, it means longer workdays to secure subsistence wages. “Short full-time employment for all” may serve as a unifying bond in new working time policy initiatives: 80 percent of hours at 80 percent performance and 100 percent pay.