Quelle: WSI
WSI-MitteilungenUrban, Hans-Jürgen : Die demokratiepolitische Bringschuld
WSI-Mitteilungen 3/2019, Seiten 235-237
Zusammenfassung
Soziale Deprivation, individuelle Verunsicherung und gesellschaftliche Anerkennungsdefizite erweisen sich als Treiber von Eliteverachtung und Rechtspopulismus. Auch die Suche nach arbeitsweltlichen Verursachungsfaktoren blieb nicht erfolglos. Vor allem Ängste, die durch die permanente Restrukturierung der Arbeit befördert werden, stellen Anknüpfungspunkte für rechte Agitation in den Betrieben dar. Gefordert scheint ein neuer demokratischer Sozialreformismus, den auch die Gewerkschaften mitprägen sollten. Für ihre Interessenpolitik liefe das auf eine inklusive Klassenpolitik hinaus, die in Betrieben, den sozialstaatlichen Systemen und der Gesellschaft die Interessen einheimischer und migrantischer Lohnabhängiger austariert und bündelt. Dabei sollten die Gewerkschaften zugleich ihre internationalistische Tradition neu definieren und der Gefahr einer nationalstaatlichen Verengung des Solidaritätsbegriffs entgegenwirken.
Abstract
The duty of proactivity in democratic politics
Social deprivation, individual insecurity and shortfalls in social recognition are found to be drivers of contempt for elites and also of right-wing populism. Extending the search for causative factors to the world of work has proved productive. Above all, the fears induced by the constant restructuring of work engender receptiveness to elements of far-right agitation within companies. This seems to call for a new democratic social reformism, one which trade unions should also participate in shaping. Their interest politics would be served by an inclusive class policy which balances out and groups the interests of both native and migrant wage-earners in companies, in the systems of the welfare state and in wider society. At the same time, trade unions should redefine their tradition of internationalism to counteract the danger of narrow nationalism restricting the concept of solidarity.