Dauderstädt, Michael
: Die wirtschaftliche und soziale Dimension der EU-Osterweiterung
Die bevorstehende Osterweiterung ist die Verlängerung und Vertiefung des Integrationsprozesses, der 1989 mit der Öffnung und Assoziierung Mittel- und Osteuropas begonnen und die Arbeitsteilung im gesamten Europa verändert hat. In den Beitrittsländern haben schon der bisherige Integrations- und der Transformationsprozess von der Plan- zur Marktwirtschaft gewaltige Wachstums- und Beschäftigungseinbrüche und mehr soziale Ungleichheit verursacht. Der EU-Beitritt wird ihnen wenig zusätzliche Exportchancen eröffnen, aber ihre Wettbewerbsfähigkeit durch stärkere Regulierung dämpfen. Auf die Alt-EU hatte die bisherige Integration relativ geringe Auswirkungen aufgrund ihres viel höheren Einkommens und wird sie auch durch den Beitritt nicht haben - mit Ausnahme einiger besonders betroffenen Regionen und Arbeitskräftegruppen, vor allem in Deutschland und Österreich. Spürbarer werden die Verteilungsprobleme bei der Agrar- und Strukturpolitik und die institutionellen Folgen sein. Die Erfahrungen der bisher der EU beigetretenen armen Länder berechtigen nicht zu großem Optimismus, was die Fähigkeit der EU angeht, die wirtschaftlichen und sozialen Disparitäten im vereinigten Europa abzubauen. Das europäische Sozialmodell bleibt in der Zwickmühle zwischen steigenden Anforderungen und Haushaltszwängen.