Quelle: HBS
WSI-MitteilungenFritsche, Ulrich : Divergierende Lohn- und Inflationsentwicklungen im Euroraum: Ursachen und Folgen
Die Entwicklung der nationalen Lohnstückkostenzuwächse und Inflationsraten in der Eurozone war durch anhaltende und stark ausgeprägte Divergenzen geprägt. Dies ging einher mit anwachsenden Leistungsbilanzdefiziten in den Ländern mit überdurchschnittlicher Inflationsentwicklung und Leistungsbilanzüberschüssen in den Ländern mit verhaltenem Preisanstieg. Im Beitrag wird ein Schema entwickelt, um die Divergenzen normativ zu bewerten. Schädlich sind vor allem Divergenzen bei der Entwicklung der Lohnstückkosten, die dazu führen, dass sich der reale Wechselkurs über längere Zeit von seinem langfristigen Gleichgewicht entfernt, und sie gleichzeitig eine Größenordnung erreichen, die deutlich jenseits dessen liegt, was üblicherweise im Laufe eines Konjunkturzyklus erwartet werden könnte. Beides wurde in der vergangenen Dekade beobachtet. Die Fehlentwicklung der realen Wechselkurse muss umgehend bereinigt werden. Dazu müssen auch diejenigen Länder, die in der Vergangenheit Lohnzurückhaltung geübt haben, ihren Beitrag leisten. Fiskalpolitische Ausgleichsmechanismen und stärkere fiskal- sowie lohnpolitische Koordinierung in Europa sind langfristig angebracht.