Leitner, Sigrid / Schäfer, Stefan : Die Vertretung von sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen im Gesetzgebungsprozess. Präsenz, Einfluss und Ohnmacht von Wohlfahrts- und Sozialverbänden
DOI: 10.5771/0342-300X-2022-1-20
Seiten 20-28
Zusammenfassung
Anknüpfend an die Diskussionen zur Einflussnahme von Akteur*innen Sozialer Arbeit auf politische Prozesse geht der Beitrag der Frage nach, wie Interessen von sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen in sozialpolitische Gesetzgebungsverfahren eingebracht und in ihnen berücksichtigt werden. Entgegen der häufig anzutreffenden Fokussierung auf die Wohlfahrtsverbände in ihrer Funktion der advokatorischen Interessenvertretung im Rahmen korporatistisch organisierter Beteiligung nimmt dieser Beitrag auch die Tätigkeiten von Sozialverbänden in den Blick. Im Rahmen einer empirischen Studie wurden Stellungnahmen von Wohlfahrts- und Sozialverbänden zu im Ausschuss für Arbeit und Soziales verhandelten Gesetzentwürfen ausgewertet. Dabei zeigten sich eine große Heterogenität der Organisation „schwacher Interessen“ und die Relevanz themenspezifischer Interessenbündnisse. Zudem lassen sich Teilerfolge der Einflussnahme verbuchen, die allerdings abhängig sind von der Gestaltung der Beteiligung als beratungsoffene oder beratungsresistente Prozesse. Der Beitrag zeigt damit sowohl Schwierigkeiten als auch Möglichkeiten der Interessenvertretung durch Wohlfahrts- und Sozialverbände auf.
Abstract
This article draws on scholarly debates concerning the influence of welfare associations on policy making and examines how the so-called “weak” interests of marginalised groups are represented during legislative processes. The authors analyse the submissions made by representatives of weak interest groups to draft bills and their discussion in public hearings of the parliamentary committee for work and social affairs. This shows a heterogeneous landscape of representative actors which goes far beyond the usual relevance of subject-specific alliance of interest groups, namely the big welfare associations and includes diverse social interest organisations. Advocacy coalitions between different interest organisations can be identified. Furthermore, it is shown that legislative processes are either receptive or dismissive of outside expertise, depending on the topic. The article thus identifies difficulties and opportunities for social interest representation in legislative processes.