Quelle: HBS
WSI-MitteilungenSchulten, Thorsten : Europäische Lohnkoordinierung: solidarisch oder wettbewerbsorientiert?
WSI-Mitteilungen 4/2014, Seiten 314-316
Angesichts des erreichten ökonomischen und politischen Integrationsgrades in Europa geht es heute nicht mehr darum, ob eine europäische Lohnkoordinierung möglich ist, sondern welche Richtung der europäischen Lohnkoordinierung sich mit welchen dominierenden Akteuren und Institutionen faktisch durchsetzt. Dabei stehen sich zwei grundlegende Ansätze gegenüber: Der Ansatz einer wettbewerbsorientierten Lohnkoordinierung zielt darauf, durch eine Senkung von Lohnkosten nationale Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Wenn all europäische Länder einen solchen Ansatz verfolgen, kommt es jedoch zu einer deflationären Lohnsenkungsspirale. Demgegenüber will der Ansatz einer solidarischen Lohnkoordinierung die europäische Lohnkonkurrenz begrenzen und durch eine egalitärere Einkommensverteilung zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsentwicklung beitragen.
Abstract
Considering the degree of economic and political integration that has been achieved in Europe, it is no longer a question today of whether a European coordination of wage policy is possible, but what kind of coordination will be established in practice and under what dominant actors and institutions. In principle there are two different approaches: competition-oriented coordination aiming at an improvement of national competitiveness through a reduction of labour costs. However, if all European countries followed such an approach the result would be a deflationary downward wage spiral. In contrast, a solidaristic approach would aim to limit European wage competition and promote a more egalitarian income distribution in order to support a more sustainable economic development.