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WSI-Mitteilungen

Leibfried, Stephan : Europäische Sozialpolitik - Richtern und Märkten überlassen?

Ausgabe 10/2006

Die EU-Sozialpolitik steht vor großen Herausforderungen. Einerseits muss sie den Widerstand der nationalen Regierungen gegen ihren Autonomieverlust bewältigen, andererseits gilt es, Interessenkonflikte zwischen reichen und armen Regionen oder zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen produktiv zu verarbeiten. Vor allem in den 1990er Jahren erhielt die EU umfangreiche Zuständigkeiten in der Ausgestaltung der Sozialpolitik und sie versucht in jüngerer Zeit, Kompetenzen im Bereich der Anti-Diskriminierungspolitik hinzuzugewinnen. Dennoch lässt sich nicht von einer einfachen Übertragung von Zuständigkeiten ausgehen: Die Regierungen der Mitgliedstaaten haben angesichts des durch die Marktintegration bedingten Drucks mehr an Kontrolle über nationale Sozialpolitik verloren als der EU tatsächlich an Macht zugewachsen ist. Nach wie vor ist die daraus entstandene Mehrebenenstruktur weitgehend durch Gerichtsentscheidungen bestimmt. Sie zeichnet sich im Kern durch politische Immobilität und "negative" Marktintegration aus. Daraus ergeben sich wesentliche Beschränkungen für die nationale Sozialpolitik.

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