Quelle: WSI
WSI-MitteilungenHaubner, Tine : „Da könnte es ja auch ein weniger Ausgebildeter machen“ Freiwilligenarbeit in Sozialberufen
DOI: 10.5771/0342-300X-2021-5-364
Seiten 364-373
Zusammenfassung
Die Sozialberufe sind Prozessen einer zunehmenden Ökonomisierung unterworfen. Zugleich lässt sich hier ein auch staatlich beförderter Bedeutungszuwachs von Freiwilligenarbeit beobachten. Beide Entwicklungen stellen die Sozialberufe, die noch immer als semiprofessionelle „Frauenberufe“ gelten, vor große Herausforderungen. Der Beitrag widmet sich dem Spannungsverhältnis zwischen der wachsenden Bedeutung von Freiwilligenarbeit und einer unvollständigen Professionalisierung in Pflege und Sozialer Arbeit. Dabei werden auf der Grundlage empirischer Befunde zwei Thesen vorgestellt: Erstens stellt der Einsatz Freiwilliger in den Sozialberufen eine Antwort auf Versorgungs- und Leistungsdefizite dar, die durch Rationalisierungs- und Ökonomisierungsprozesse verursacht werden. Dabei spielt das Engagement, so die zweite These, eine ambivalente Rolle: Einerseits entlastet es Fachkräfte. Andererseits trägt es nicht zur Aufwertung der Sozialberufe bei, sondern droht vielmehr, ihre Deprofessionalisierung zu befördern und zum Ausfallbürgen von Ökonomisierungsprozessen zu werden.
Abstract
The social professions are subject to processes of increasing economisation. At the same time, an increase in the importance of volunteer work, also promoted by the state, can be observed. Both developments pose great challenges to the social professions, which are still considered semi-professional “women’s professions”. This article addresses the tension between the growing importance of volunteer work and an incomplete professionalisation in care of the elderly and social work. Two theses are presented based on empirical findings: First, the use of volunteers in the social professions represents a response to deficits in care, which are caused by processes of rationalisation and economisation. According to the second thesis, volunteering plays an ambivalent role: On the one hand, it relieves the workload of professionals, whereas on the other hand, it does not contribute to the upgrading of the social professions, but rather threatens to promote their deprofessionalisation.