Quelle: HBS
WSI-MitteilungenFunder, Maria / Sproll, Martina : Gleichstellung als arbeitspolitisches Feld. Symbolische Gewalt und Leistungsregime
WSI-Mitteilungen 1/2015, Seiten 43–50
Zusammenfassung
Arbeitspolitik ist immer zugleich Geschlechterpolitik. Gleichstellungspolitik kann daher nur dann erfolgreich sein, wenn sie – so die zentrale These dieses Artikels – strategisch als Bestandteil der Arbeitspolitik insgesamt konzipiert und gleichzeitig als ein relevantes Handlungsfeld betrieblicher und gewerkschaftlicher Interessenvertretungen verstanden wird. Wir gehen dabei von einem im Anschluss an Burawoy’s Konzept der „politics of production“ weit gefassten Verständnis von Arbeitspolitik aus, sodass die Verwobenheit der betrieblichen mit der außerbetrieblichen Ebene („relations in/of production“) in den Blick kommt. Am Beispiel von Fallstudien aus der Pharma- und Biotechnologie wird gezeigt, welche Wirkung die Strukturierung von Branchenfeldern, die Vereinbarkeitspolitik und das individualisierte (und damit scheinbar geschlechtsneutrale) Leistungsregime auf die Geschlechterpolitik in Unternehmen hat. Insbesondere Bourdieus Konzept der symbolischen Gewalt trägt zu Einsichten bei, wie sich Ungleichheitsprozesse und geschlechtliche Ausschlüsse unter dem Deckmantel von „Egalitätsmythen“ bzw.einer weitreichenden De-Thematisierung von Geschlecht weiter reproduzieren.
Abstract
Gender is undeniably a key dimension of labor politics. Gender equality programs therefore have to be conceptualized strategically as an essential and relevant part of labor politics as a whole, which have to be translated into a concrete trade union agenda. According to Burawoy´s “politics of production” we understand labor politics as an interrelationship between “relations in production” (the political and social space inside the “company”) and the firm-external “relations of production”. Based on results of our empirical research in the pharmaceutical and bio-tech industries we show the gender specific effects of sectoral politics, of reconciliation programs of career and family and of an individualized (and allegedly gender-neutral) performance regime. Bourdieu’s concept of “symbolic violence” helps to understand the reproduction of gendered processes of inequality and exclusion under the guise of a destructive myth of equality.