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WSI-Mitteilungen

Torp, Cornelius : Grenzen der Solidarität? Flüchtlingsmigration und nationaler Wohlfahrtsstaat

Ausgabe 05/2020

Seiten 335-342

Zusammenfassung

Grenzen der Solidarität? Flüchtlingsmigration und nationaler Wohlfahrtsstaat

Vor dem Hintergrund der Flüchtlingsbewegung der letzten Jahre hat sich eine breite Debatte darüber entwickelt, ob die Zuwanderung das Potenzial besitzt, die gesellschaftliche Solidarität zu zerstören, die angeblich das Fundament des nationalen Wohlfahrtsstaats darstellt. Dass der moderne Sozialstaat auf Vorstellungen von Solidarität beruht, ist durchaus umstritten, lässt sich mithilfe eines zwischen Handlungs- und Systemebene unterscheidenden Solidaritätsbegriffs aber gut begründen und findet sich durch historische Evidenz erhärtet. Doch war und ist die dem Sozialstaat zugrundeliegende Solidargemeinschaft nie einfach mit der Nation gleichzusetzen. Vielmehr unterschied sich ihr Zuschnitt stets erheblich von einem Zweig der sozialen Sicherung zum anderen und veränderte sich darüber hinaus im Zeitverlauf. Schließlich liefert die bisherige empirische Forschung zur Frage, ob Migration die solidarischen Wurzeln des Wohlfahrtsstaats bedroht, uneindeutige Ergebnisse. Angesichts dessen plädiert der Beitrag für eine präzisere Wirkungsanalyse anhand historischer Fallstudien, eine stärkere Differenzierung zwischen sozialstaatlichen Subsystemen und eine Öffnung des Blicks für mögliche integrative Wirkungen des Wohlfahrtsstaats.

Abstract

The movement of refugees over recent years has given rise to a wide-ranging debate about whether immigration has the potential to destroy the national solidarity on which the welfare state allegedly rests. It is certainly debatable whether the modern welfare state was conceptualised on the basis of solidarity. If solidarity is defined in a way that differentiates between the action and system levels, however, this can be justified quite well and is corroborated by historical evidence. Nevertheless, the solidarity-based community that forms the basis of the welfare state can and could never simply be equated with the nation. Rather, its respective scope differed considerably from one branch of social security to the other and, moreover, changed over time. Finally, empirical research has come to disparate conclusions on the issue of whether migration threatens the solidarity-based roots of the welfare state. Against this background, the article advocates more precise impact analysis using historical case studies, stronger differentiation between the subsystems of the welfare state and a fresh view of the integrative potential of the welfare state.

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