Quelle: WSI
WSI-MitteilungenSchroeder, Wolfgang / Kiepe, Lukas / Inkinen, Saara : Die Grenzen selbstorganisierten Handelns: attraktive Pflegeberufe durch Tarifautonomie?
DOI: 10.5771/0342-300X-2022-5-355
Seiten 355-362
Zusammenfassung
Das Berufsfeld Altenpflege ist häufig durch unattraktive Rahmenbedingungen und mangelnde Anerkennung gekennzeichnet. Obwohl eine tarifpolitische Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaften und Arbeitergeberverbänden zur Aufwertung der Branche beitragen könnte, lassen solche Lösungen in der Altenpflege auf sich warten. Vor diesem Hintergrund untersucht der Aufsatz, wie sich die Arbeitsbeziehungen in der Altenpflege gegenwärtig darstellen und warum sich daraus bisher keine belastbare Tarifautonomie ergibt. Dabei wird die These vertreten, dass der jetzige Zustand auf einer mangelnden Selbstorganisation der beiden Arbeitsmarktparteien beruht. Während sich die Gewerkschaften als ressourcenschwach und daher organisationsunfähig erweisen, agieren die Arbeitgeber mitunter als Abwehrverbände, die grundsätzlich organisationsfähig, dafür aber gestaltungsunwillig sind. Das Ergebnis ist eine defekte Interessenvermittlung, die sich nur schwer durch politische Interventionen kompensieren lässt.
Abstract
The long-term care sector is often characterised by poor working conditions and low social recognition. Collective bargaining between trade unions and employers’ associations could ideally help to remedy the situation, yet joint regulation remains rare in the sector. Against this backdrop, the article examines the current organisation of labour relations and the limits of collective bargaining autonomy in long-term care in Germany. It argues that the weakness of collective bargaining reflects insufficient self-organisation on the part of the social partners. While trade unions lack the resources to effectively represent worker interests, the employers’ associations have the means but not the will to engage in collective bargaining. The result is a system of defective interest mediation that cannot easily be substituted by political interventions.