Quelle: HBS
WSI-MitteilungenKeller, Berndt : Interessenvertretung bei atypischen Beschäftigungsverhältnissen – ein strategisches Dilemma
WSI-Mitteilungen 1/2017, Seiten 27–35
Zusammenfassung
Der Artikel behandelt verschiedene Probleme der Interessenvertretung atypisch Beschäftigter als strategisches Dilemma von Gewerkschaften und Betriebsräten. Zunächst werden allgemeine Voraussetzungen und Bedingungen des Handelns diskutiert, zu denen u.a. der Umstand gehört, dass atypisch Beschäftigte in der Regel niedrige gewerkschaftliche Organisationsgrade aufweisen und in Betriebsräten unterrepräsentiert sind. Sodann stehen die Politikoptionen der Gewerkschaften im Mittelpunkt, wobei zwischen Tarifverhandlungen als klassischer Arena gewerkschaftlichen Handelns und Lobbying auf politischer Ebene unterschieden wird. Hier zeigt sich, dass die Gewerkschaften die Interessen atypisch Beschäftigter erst spät und nach kontroversen Diskussionen aufgegriffen haben und (tarif)politische Erfolge – außer beim Mindestlohn – noch rar sind. Auch auf der betrieblichen Ebene, die anschließend analysiert wird, wird deutlich, dass bei den Betriebsräten eine Orientierung an Stammbelegschaften vorherrscht – nicht zuletzt durch Ressourcenknappheit verursacht. Fazit und Ausblick am Ende unterstreichen, dass weitergehende Initiativen möglich sind, aber Sensibilität, Beharrlichkeit und Geduld erfordern.
Abstract
The paper deals with various problems of the representation of interest for employees in atypical employment as a strategic dilemma for trade unions and works councils. First, general requirements and conditions of their activities are discussed, including the fact that atypical employees normally show low rates of unionisation and are underrepresented in works councils. Next, the focus is on the policy options of trade unions, differentiating between the traditional arena of collective bargaining and political lobbying. It becomes apparent that the unions addressed the interests of those in atypical employment comparatively late and only after controversial discussions, and that their achievements in (collective bargaining) politics are still rare – except regarding the minimum wage issue. At the corporate level, which is subsequently analysed, it becomes clear that works councils focus on the interests of the core workforce, not least as a consequence of their limited resources. The summary and outlook underline that further initiatives are possible, but they demand sensitivity, persistence, and patience.