Quelle: WSI
WSI-MitteilungenNiehoff, Steffen / Holst, Hajo : Mitbestimmung, Corona und Soziale Klasse. Wie Beschäftigte das Pandemiehandeln von Betriebs- und Personalräten bewerten
DOI: 10.5771/0342-300X-2022-6-437
Seiten 437-447
Zusammenfassung
Auf der Basis der 3. und 4. Erhebungsrunde des Arbeitswelt-Monitors „Arbeiten in der Corona-Krise“ untersucht der Beitrag, wie abhängig Beschäftigte den Umgang ihrer betrieblichen Interessenvertretung mit der Pandemie erleben. Insgesamt zeigt sich eine Mehrheit der Arbeitenden zufrieden mit dem Pandemiehandeln der Betriebs- und Personalräte. Sie machen die Erfahrung, dass die Betriebs- und Personalräte auch in der Pandemie ein offenes Ohr für ihre Sorgen und Nöte haben und ihre Interessen vertreten. Zugleich weisen die Mitbestimmungserfahrungen aber auch deutliche Klassenungleichheiten (Oesch) auf: Mit den qualifizierten Dienstleistenden, den Routine-Dienstleistenden und den Routine-Arbeiter*innen bewerten gerade jene Klassen die Responsivität und Repräsentativität der Interessenvertretungen signifikant schlechter und zeigen sich seltener zufrieden mit dem Betriebs- und Personalratshandeln, die auch von den negativen Arbeitsfolgen der Pandemie stärker betroffen sind. Die Ergebnisse sind nicht nur wissenschaftlich von Interesse, sondern auch von mitbestimmungspolitischer Relevanz, verstärken die Teilhabedefizite in der Mitbestimmungsarena doch tendenziell die arbeitsweltlichen Benachteiligungen der unteren Klassen in der Pandemie.
Abstract
Based on the 3rd and 4th survey rounds of the Workplace Monitor „Arbeiten in der Corona-Krise“ (Working in the Corona Crisis), the article examines how employees experience the handling of the pandemic by their works and staff councils. Overall, the majority of employees are satisfied with the activities undertaken by their works and staff councils during the pandemic. They experience that the works and staff councils listen to their concerns and represent their interests including concerns about the pandemic. At the same time, however, the experience of codetermination also shows clear class inequalities (Oesch): Qualified service workers, routine service workers and routine manual workers are the classes that rate the responsiveness and representativeness of the works and staff councils significantly lower and are less satisfied with their workplace representatives, who are also more strongly affected by the negative consequences of the pandemic. The results are not only of scientific interest, but also of relevance for codetermination practice, since the participation deficits in the codetermination arena seem to reinforce the class inequalities as reflected in the health risks and economic burdens of the pandemic.