Quelle: WSI
WSI-MitteilungenVitols, Sigurt / Scholz, Robert : Unternehmensmitbestimmung und langfristige Investitionen in deutschen Unternehmen
DOI: 10.5771/0342-300X-2021-2-87
Seiten 87-97
Zusammenfassung
Eine laufende Debatte in der Wissenschaft und in der Politik ist die Frage, ob die Finanzmärkte von Kurzfristigkeit geprägt sind. Denn auf Kurzfristigkeit orientierte Investoren üben meist Druck auf die Unternehmen aus, in die sie investiert haben, damit diese die Finanzmittel in Form von Aktienrückkäufen oder erhöhten Dividenden auszahlen, anstatt sie in langfristige Projekte zu investieren, auch wenn Letztere voraussichtlich mehr Gewinn in der Zukunft erzielen würden. In der Literatur wurde bisher kaum untersucht, welchen Einfluss Arbeitnehmervertretungen im Aufsichtsrat auf das Investitionsverhalten haben können. Der Beitrag ergänzt die Forschung zweifach. Zum einen wird der Mitbestimmungsindex (MB-ix) zur Messung der institutionell verankerten Mitbestimmungsstärke in deutschen Unternehmen verwendet. Dieser Index ist ein weitaus differenzierterer Indikator als jene, die in den existierenden quantitativen Studien bislang verwendet werden. Zweitens werden robuste Regressionsmodelle genutzt, um den Einfluss extremer Ausreißer in den Daten zu berücksichtigen. Auf Basis einer Stichprobe von mehr als 200 Unternehmen, die zwischen 2006–2018 an der deutschen Börse notiert sind, zeigt sich durch eine explorative Schätzung, dass die Stärke der Mitbestimmung (MB-ix) signifikant und positiv mit der Rate der Kapitalinvestitionen zusammenhängt.
Abstract
Workers on the Board and Long-term Investment in German Companies
A recurring debate in the academic community and among policymakers is whether financial markets are plagued by short-termism. Short-term investors pressure the companies they are investing in to pay out available resources in the form of stock buybacks or increased dividends, rather than investing in long-term projects, even when such long-term investments are expected to be quite profitable in the future. However, there has been hardly any investigation into the influence that board-level employee representation (or BLER for short) may have on company investment policies. This article makes two contributions to the literature. First, it uses a unique six-component measure of codetermination strength in German companies, the Mitbestimmungsindex (MB-ix), which is a very differentiated indicator for worker influence in corporate governance than most quantitative studies. Second, robust regression models are used to deal with the strong influence of extreme outliers in the data. Based on a sample of more than 200 companies listed on the German stock market between 2006 and 2018, it is shown that the strength of BLER (as measured by the MB-ix) is significantly (and positively) related to the rate of capital investment.