Quelle: HBS
WSI-MitteilungenDörre, Klaus / Holst, Hajo / Matuschek, Ingo : Zwischen Firmenbewusstsein und Wachstumskritik. Empirische Befunde aus einem Industriebetrieb
WSI-Mitteilungen 7/2014, Seiten 543–550
Zusammenfassung
Angesichts des verbreiteten Unbehagens am zeitgenössischen Finanzmarkt-Kapitalismus hat in den Sozialwissenschaften und der interessierten Öffentlichkeit eine Debatte um die subjektiven Legitimationsressourcen dieses Gesellschaftstyps eingesetzt. In diesem Zusammenhang sind die Gesellschaftsbilder von Lohnabhängigen wieder zu einem Thema geworden. Auf der Grundlage von Untersuchungen in einem Industriebetrieb skizziert der Beitrag Bewusstseinsmuster, in denen die hohe Identifikation mit Werk und Unternehmen eine überraschende Wahlverwandtschaft mit ausgeprägter Kapitalismus- und Wachstumskritik eingeht. Die Kritik am Prinzip eines „Immer mehr und nie genug!“ bildet, so der zentrale empirische Befund, eine kognitive Brücke zwischen Arbeitserfahrungen und subjektiven Gesellschaftsbildern. Von Betriebsräten und Gewerkschaften wird diese ökologisch inspirierte Kritik arbeitspolitisch jedoch kaum genutzt, weshalb sie allenfalls im privaten Ausstieg auf Zeit alltagspraktisch wirksam werden kann.
Abstract
The current criticism of finance-market capitalism has triggered a debate on its legitimization resources. It is within this context that the images of society, as seen by wage earners, attract renewed scientific attention. Based on evidence from an industrial company, the article identifies a type of awareness in which high levels of identification with the firm are somewhat surprisingly associated with a pronounced critique of economic growth. It is argued that the critical stance towards the principal “always more and never enough!” forms a cognitive bridge between the concrete experiences at work and the subjective images of society. However, there seems to be little evidence that works councils and trade unions are taking up this ecologically inspired critique. As a consequence, the questioning of growth can only gain expression in an individual temporary withdrawal on the side of the worker.