zurück

WSI GenderDatenPortal: Zeit: Gründe für Teilzeittätigkeit nach Elternschaft 2022

Download Daten (xlsx)

Grafiken, Analysen, Tabellen (pdf)

 

Die Gründe für eine in Teilzeit ausgeübte Erwerbstätigkeit unterscheiden sich in Deutschland im Jahr 2022 grundlegend zwischen aktiv erwerbstätigen Frauen und Männern (vgl. Grafik 1):

  • Mit Care-Arbeit bzw. familiären Verpflichtungen (z.B. Betreuung von Kindern oder Pflege von Angehörigen) begründet rund jede zweite Frau ihre Teilzeitarbeit (48 Prozent), aber nur jeder fünfte Mann (22 Prozent).
  • Männer in Teilzeit sind hingegen sehr viel häufiger teilzeiterwerbstätig, um einer Aus- oder Fortbildung nachzugehen: das trifft auf jeden fünften Mann (20 Prozent), aber nur 6 Prozent der Frauen zu.
  • Mehr als jede fünfte Frau und jeder fünfte Mann wollen einfach in Teilzeit arbeiten, Männer etwas häufiger als Frauen (28 bzw. 22 Prozent).
  • Für jeden zehnten Mann ist der Grund für die Teilzeittätigkeit, keine Vollzeittätigkeit gefunden zu haben (10 Prozent). Dies ist nur für jede zwanzigste Frau (5 Prozent) der ausschlaggebende Grund für die eigene Teilzeitbeschäftigung.
  • Eine Krankheit oder Unfallfolge ist nur für eine Minderheit der Frauen (2 Prozent) sowie eine kleine Gruppe der Männer (6 Prozent) Hauptgrund für die Teilzeittätigkeit.
  • Jeder fünfte Mann (20 Prozent) und jede neunte Frau (11 Prozent) geben an, dass sie aus anderen Gründen Teilzeit arbeiten. (Diesen anderen Gründen können auch genuin berufliche Ursachen zugrunde liegen, z.B. eine vorübergehende oder betriebsbedingte Reduktion der Arbeitszeit, eine zweite Erwerbstätigkeit, die nebenbei in geringerem Umfang ausgeübt wird, oder aber eine nebenberufliche Selbstständigkeit).

Insbesondere aktiv Erwerbstätige mit Kind(ern) im Haushalt verweisen vorrangig auf Care-Arbeit bzw. familiären Verpflichtungen als Grund für ihre Teilzeittätigkeit. Dies trifft im Jahr 2022 auf drei Viertel der teilzeiterwerbstätigen Mütter (74 Prozent) in Deutschland und fast die Hälfte der teilzeiterwerbstätigen Väter zu (45 Prozent). Zudem will jede siebte aktiv erwerbstätige Mutter und jeder siebte aktiv erwerbstätige Vater einfach in Teilzeit arbeiten (15 Prozent bzw. 18 Prozent), trotz oder gerade wegen der Elternschaft. Bei erwerbstätigen Vätern (13 Prozent) spielt zudem häufiger eine Rolle, dass sie nur notgedrungen in Teilzeit sind, weil keine Vollzeittätigkeit zu finden war, was bei Müttern nur sehr selten der Grund ist (3 Prozent). Ein kleinerer Teil der erwerbstätigen Väter befindet sich zudem auf Grund einer Aus- oder Fortbildung oder auf Grund von Krankheit bzw. von Unfallfolgen in Teilzeit (jeweils 4 Prozent), auch dies spielt für teilzeiterwerbstätige Mütter fast keine Rolle (jeweils 1 Prozent). Auch weitere Gründe werden mehr als doppelt so oft von Vätern als von Müttern genannt (16 Prozent gegenüber 6 Prozent).

Selbst ein Viertel der aktiv erwerbstätigen Frauen ohne Kind(er) im Haushalt führt Care-Verpflichtungen (Pflege von Angehörigen oder andere familiäre/persönliche Verpflichtungen) als Grund für ihre Teilzeittätigkeit an, aber nur rund ein Achtel der Männer. Daneben spielen auch noch andere Gründe eine wichtige Rolle: Für Frauen vor allem der eigene Wunsch, in Teilzeit zu arbeiten (39 Prozent), was aber auch für ein Viertel der teilzeiterwerbstätigen Männer entscheidend ist (23 Prozent). Ein weiteres Viertel der Männer arbeitet in Teilzeit, um eine Aus- oder Fortbildung wahrzunehmen (26 Prozent), was jedoch nur auf ein Elftel der Frauen zutrifft (9 Prozent). Krankheit und Unfallfolge als Auslöser für Teilzeitarbeit (6 Prozent gegenüber 4 Prozent) sowie der Umstand, dass eine Vollzeittätigkeit nicht zu finden war (10 Prozent gegenüber 8 Prozent), sind für teilzeiterwerbstätige Männern und Frauen ungefähr gleich wichtig. Zudem hat jeder dritte Mann ohne Kind „andere Gründe“ in Teilzeit zu arbeiten (33 Prozent), bei den Frauen ohne Kind sind es halb so viele (16 Prozent).

Der Blick auf die in West- und Ostdeutschland genannten Begründungen offenbart zudem regionale Unterschiede – insbesondere bei Frauen, weniger ausgeprägt bei Männern:

  • Jede zweite Frau aus Westdeutschland ist auf Grund von Care-Aufgaben bzw. familiären Verpflichtungen in Teilzeit tätig (50 Prozent). In Ostdeutschland gilt dies nur für jede dritte Frau (36 Prozent). Bei den Männern sind die West-Ost-Unterschiede hingegen sehr viel geringer.
  • Jede achte Frau in Ostdeutschland (13 Prozent) ist in Teilzeit tätig, weil sie keine Vollzeittätigkeit finden konnte. In Westdeutschland gilt dies nur für 4 Prozent der teilzeiterwerbstätigen Frauen. Erneut fallen die Unterschiede bei Männern deutlich geringer aus.
  • Frauen in Ostdeutschland arbeiten geringfügig häufiger in Teilzeit, um eine Aus- oder Fortbildung zu machen (7 Prozent) als Frauen in Westdeutschland (5 Prozent). Bei den Männern erneut kaum regionale Unterschiede.
  • Und schließlich geben Frauen in Ostdeutschland etwas häufiger „andere Gründe“ an als Frauen in Westdeutschland (15 Prozent gegenüber 11 Prozent), während es bei den Männern auch hier kaum regionale Unterschiede gibt.

In den vorliegenden Analysen wird nur eine bestimmte Auswahl an Teilzeitgründen abgefragt, die nicht erschöpfend sein muss. In neueren Forschungen werden zusätzlich hohe Arbeitsbelastungen als Auslöser dafür ermittelt, dass Beschäftigte in die Teilzeitarbeit „flüchten“, etwa für Beschäftigte in der Kindertagesbetreuung oder der Pflege. (1) Weitere Auslöser für einen Wechsel in Teilzeit können der Wunsch nach mehr Zeit für persönliche Interessen sein (korrespondierend zum hier abgefragten Grund „Ich will in Teilzeit arbeiten“) oder sogar der Umstand, dass eine Aufstockung der Arbeitszeit aufgrund hoher Besteuerung des Zweiteinkommens im Ehegattensplitting (meist: der Frauen) unrentabel erscheint. (2)

Fazit: Bei Frauen führen verstärkt familiäre Verpflichtungen zur Teilzeitarbeit, Männer hingegen arbeiten häufiger in Teilzeit, um eine Aus- und Fortbildung wahrzunehmen. Analysen zur Zeitverwendung von erwerbstätigen Frauen und Männern belegen entsprechend, wieviel mehr Stunden Frauen für unbezahlte Arbeit aufwenden als Männer, insbesondere für Fürsorgearbeit und Kinderbetreuung. (3) Dabei nehmen in Westdeutschland noch einmal deutlich mehr Frauen bzw. Mütter Teilzeitarbeit auf Grund von familiären Verpflichtungen in Anspruch als in Ostdeutschland. Das belegen auch die hohen Teilzeitquoten von aktiv erwerbstätigen Frauen (und insbesondere: erwerbstätigen Mütter) in Westdeutschland. (4)

Die Ergebnisse zeigen zudem, dass ein nennenswerter Teil der in Deutschland ausgeübten Teilzeitarbeit auch Ausdruck ungewollter Unterbeschäftigung ist: so bei jedem zehnten teilzeiterwerbstätigem Mann und jeder zwanzigsten Frau. (5) Trotz der gesetzlichen Ansprüche von abhängig Beschäftigten nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz sowie der Brückenteilzeit (seit 2019) sind die Möglichkeiten zur (reversiblen) Anpassung der Arbeitszeit im Lebensverlauf in Deutschland weiterhin sehr begrenzt. Dies auch auf Grund der eingeschränkten Gültigkeit des neuen Brückenteilzeit-Gesetzes (gilt erst ab 45 Beschäftigten im Betrieb) und weil die Zumutbarkeitsgrenze in Betrieben mit 46 bis 200 Beschäftigten Teile der abhängig Beschäftigten von einer Nutzung ausschließt: Pro angefangene 15 Beschäftigte hat dann nur ein Beschäftigter zwingend Anrecht auf die Brückenteilzeit. (6)

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den PDF-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau
 

Literatur

Auffenberg, Jennie et al. (2022): „Ich pflege wieder wenn …“ – Potenzialanalyse zur Berufsrückkehr und Arbeitszeitaufstockung von Pflegefachkräften. Kurzfassung. Arbeitnehmerkammer Bremen, Bremen., letzter Zugriff: 15.08.2024.

Kümmerling, Angelika/Schmieja, Vanessa (2021): Das Teilzeit- und Befristungsgesetz. In: Teilzeitbeschäftigung. Bundeszentrale für politische Bildung., letzter Zugriff: 15.08.2024.

Lott, Yvonne (2024): Alles beim Alten: Der Gender Care Gap in der Erwerbsbevölkerung, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI): WSI Policy Brief, Nr. 83, 09/2024, Düsseldorf.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024a): Teilzeitquoten nach Elternschaft und Alter des jüngsten Kindes. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Zeitaufwand für bezahlte und unbezahlte Arbeit 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024c): Zeitaufwand für unbezahlte Tätigkeiten 2022. In: WSI GenderDatenPortal.

Statistisches Bundesamt (2023): Mikrozensus 2022. Qualitätsbericht, letzter Zugriff: 15.08.2024.

Statistisches Bundesamt (2022): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Haushalte und Familien. Ergebnisse des Mikrozensus 2020 (Endergebnisse), Fachserie 1 Reihe 3, letzter Zugriff: 15.08.2024.

Statistisches Bundesamt (2020): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Haushalte und Familien. Ergebnisse des Mikrozensus 2019, Fachserie 1 Reihe 3, letzter Zugriff: 15.08.2024.

Statistisches Bundesamt (o.J.): Unfreiwillig Teilzeitbeschäftigte. In: Qualität der Arbeit, letzter Zugriff: 15.08.2024.

Weimann-Sandig, Nina/Kalicki, Bernhard (2024): Nur Teilzeit in der Kita? Arbeitszeitumfang und Beschäftigungspotenziale in der Kindertagesbetreuung. Working Paper Forschungsförderung, Nummer 331, Mai 2024. Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf, letzter Zugriff: 15.08.2024.

 


(1) Vgl. Weimann-Sandig, Nina/Kalicki, Bernhard (2024): Nur Teilzeit in der Kita?, S. 36. In der Pflege sind die hohen Arbeitsbelastungen sogar für zwei Drittel der Teilzeitbeschäftigten in der Langzeitpflege, sowie knapp die Hälfte der Pflegekräfte in den Krankenhäusern, der Grund, in Teilzeit zu arbeiten. Unter den für sie richtigen Arbeitsbedingungen würde knapp die Hälfte der Teilzeitpflegekräfte ihre wöchentliche Arbeitszeit wieder um zehn Stunden erhöhen wollen, vgl. Auffenberg, Jennie et al. (2022): „Ich pflege wieder wenn …“ – Potenzialanalyse zur Berufsrückkehr und Arbeitszeitaufstockung von Pflegefachkräften, S. 5 und S. 8.

(2) A.a.O.

(3) Vgl. hierzu Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024b): Zeitaufwand für bezahlte und unbezahlte Arbeit 2022; Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024c): Zeitaufwand für unbezahlte Tätigkeiten 2022 sowie Lott, Yvonne (2024): Alles beim Alten: Der Gender Care Gap in der Erwerbsbevölkerung.

(4) Vgl. Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2024a): Teilzeitquoten nach Elternschaft und Alter des jüngsten Kindes 2022.

(5) Vgl. auch Statistisches Bundesamt (o.J.): Unfreiwillig Teilzeitbeschäftigte.

(6) Vgl. Kümmerling, Angelika/Schmieja, Vanessa (2021): Das Teilzeit- und Befristungsgesetz.

 

 

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrem Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen