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WSI-Mitteilungen: Call for Papers

Umkämpfte Zukunft. Diskurse und Praktiken in der sozial-ökologischen Transformation: Die Redaktion freut sich auf neue Beiträge. Deadline ist der 15.09.2024.

Die WSI-Mitteilungen sind eine referierte sozialwissenschaftliche Zeitschrift mit politik- und praxis-orientierter Ausrichtung im Themenspektrum „Arbeit – Wirtschaft – Soziales“. Die Zeitschrift wird vom Nomos-Verlag vertrieben (www.wsi-mitteilungen.nomos.de) und erscheint im 2-Monats-Rhythmus mit sechs Ausgaben pro Jahr, davon drei thematisch offene Hefte und drei Schwerpunkthefte. Für die Ausgaben 2025 ff. lädt die Redaktion zur Einreichung von Manuskripten ein zum Thema

Umkämpfte Zukunft. Diskurse und Praktiken in der sozial-ökologischen Transformation

Redaktion: Dr. Claudia Czingon, Dr. Neva Löw
Frist für Einreichungen: 15. September 2024

Angesichts der Klimakrise steht die Notwendigkeit einer ökologischen Transformation unserer Wirtschafts- und Lebensweise für die gesellschaftliche Mehrheit kaum mehr infrage. Auch werden Forderungen lauter, dass die Transformation nicht nur CO2-Emissionen reduzieren, sondern auch sozial gerecht verlaufen soll. Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz, etwa die Bepreisung von CO2-Emissionen, belasten untere Einkommensschichten oft überproportional stark. Umgekehrt wird eine CO2-Steuer für Superreiche politisch nicht ernsthaft diskutiert. Wie kann die sozial-ökologische Transformation so gestaltet werden, dass sich soziale Ungleichheiten – sowohl national als auch transnational/global betrachtet – nicht weiter verschärfen? Wie kann angesichts des Ziels der Dekarbonisierung unsere Arbeitsweise verändert und gleichzeitig Beschäftigung gesichert werden?

Wenngleich hinsichtlich der Notwendigkeit einer sozial-ökologischen Transformation breiter Konsens zu herrschen scheint, ist die Frage, wie sie vorangetrieben werden soll und was der Übergang zu einer klimaneutralen Produktions- und Lebensweise wem abverlangen darf, umkämpft. Während Bewegungen wie Fridays for Future, Ende Gelände und die Letzte Generation auf der Straße für radikale Veränderungen demonstrieren, versuchen andere Akteure, ökologische Maßnahmen so anzubringen, dass sie das wirtschaftliche Wachstum nicht gefährden. Gleichzeitig ist die aktuelle politische Situation von einem Erstarken rechtspopulistischer Kräfte in Deutschland, Europa und weltweit geprägt. Eine mögliche erneute Wahl Donald Trumps in den USA würde nicht nur weitreichende geopolitische Folgen nach sich ziehen, auch die ökologische Transformation wäre damit massiv gefährdet. Welche globalen Dimensionen die notwendigen Transformationsschritte haben könnten, wurde auf dem COP 28 letztes Jahr deutlich. Hier haben Vertreter*innen des Globalen Südens von den Staaten des Globalen Nordens Entschädigungen für die von ihnen verursachten CO2-Ausstöße verlangt.

Die notwendige Umstellung auf eine nachhaltige Produktionsweise ist für Politik, Unternehmen, Beschäftigte und ihre Interessenvertretungen eine große Herausforderung. Zugleich eröffnet sie die Möglichkeit, die Arbeit der Zukunft innerhalb planetarer Grenzen mitzugestalten. Um die Transformation genauer zu verstehen und im Sinne einer sozial gerechten Arbeitswelt und Gesellschaft zu gestalten, ist deren Erforschung eine wichtige Voraussetzung.

Manuskriptangebote sollten einzelne oder mehrere der folgenden Themen und Fragestellungen adressieren:

  1. Diskurse, Leitbilder, Politiken: Der Begriff der sozial-ökologischen Transformation ist schillernd, vage und umkämpft. Welche Deutungen des Konzepts der sozial-ökologischen Transformation prägen den öffentlichen, politischen und wissenschaftlichen Diskurs und in welchem Verhältnis stehen diese unterschiedlichen Deutungen zueinander? Welche Akteure versuchen mit welchen Interessen, die Deutungshoheit darüber zu erlangen, wie sozial-ökologische Transformation zu definieren und politisch zu erreichen ist? Inwieweit versuchen auch marktliberale Akteure, Einfluss zu nehmen und ggf. eine beschäftigtenorientierte Interpretation zu unterminieren? Und daran anschließend: Welche arbeitnehmerorientierten Ansprüche sind an die sozial-ökologische Transformation zu stellen? Welche Leitbilder erwachsen daraus für eine zeitgemäße und nachhaltige Industrie-, Arbeits- und Sozialpolitik innerhalb planetarer Grenzen? Können die aktuellen Entwicklungen mit Begriffen wie „grüner Kapitalismus“ angemessen gefasst werden? Welche alternativen, stärker an qualitativen Kriterien orientierten Wachstumsmodelle gibt es und wie sind sie zu bewerten?
  2. Soziale Ungleichheit: Wie kann die sozial-ökologische Transformation von Wirtschaft und Arbeit intersektional betrachtet werden? Verteilen sich Prekarisierungsrisiken entlang ungleichheitsrelevanter Dimensionen (Geschlecht, Migration, Bildung, Alter etc.) neu? Bietet eine mögliche Umstrukturierung der Produktions- und Lebensweise auch Chancen, gesellschaftliche Macht- und Unterdrückungsmechanismen neu zu verhandeln?
  3. Rechtspopulismus: Wie ist das Erstarken des Rechtspopulismus mit klimapolitischen Maßnahmen wie dem Green New Deal in Verbindung zu bringen? Welche Rolle spielt ein „green backlash“ für den Erfolg rechtspopulistischer Kräfte? Welche Konsequenzen hat das für Arbeit und Beschäftigung in nachhaltigen Branchen? Welche Folgen hat eine verstärkte Vertretung rechtspopulistischer Kräfte in Parlamenten für die sozial-ökologische Transformation? Was steht im Wahlprogramm der AfD hinsichtlich Klimapolitiken? Zuletzt ist es auch wichtig zu beleuchten, welche klima-politischen Allianzen im Entstehen sind, um sich gegen rechtspopulistische Kräfte zu organisieren. Dabei ist die Rolle von Gewerkschaften und Arbeitnehmer*innen von besonderem Interesse.
  4. Feministische Perspektiven: Welche Konzepte und Praktiken der sozial-ökologischen Transformation betreffen das Verhältnis von Erwerbs- und Sorgearbeit und die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung? Welche Ansätze dafür bietet die feministische politische Ökologie? Wie kann eine geschlechterorientierte Nachhaltigkeitsforschung Erkenntnisse für eine emanzipatorische Umgestaltung der Arbeitswelt liefern?
  5. Betriebliche Ebene, Branchenspezifika und -vergleiche: Wo kommt es im Zuge der Dekarbonisierung zur Umstrukturierung und Produktinnovation? Mit welchen Folgen für die Beschäftigung? Wo kommt es zu Personalabbau/-aufbau? Wie verändern sich Arbeitsinhalte und -organisation, mit welchen Folgen für die Beschäftigten? Welche Bedarfe an (Weiter-)Qualifikation und Umschulung entstehen im Zuge dessen? Kommt es auch dazu, dass Beschäftigte Betriebe und ggf. sogar die Branchen wechseln müssen? Und wie kann diesen Anforderungen mit betrieblichen, tarifvertraglichen und staatlichen Politikinstrumenten Rechnung getragen werden? Welche Faktoren beeinflussen das Gelingen betrieblicher und regionaler Transformationsprojekte?
  6. Perspektive der Beschäftigten: Welche Befürchtungen, Erwartungen und Hoffnungen verbinden sich seitens der Beschäftigten mit der sozial-ökologischen Transformation? Wie nehmen sie die Umstellungen wahr und wie bewerten sie diese? Welche Spannungen und Widersprüchlichkeiten ergeben sich aus unterschiedlichen Perspektiven, z. B. als Arbeitnehmer*innen, Konsument*innen oder politisch interessierte Bürger*innen? Welche Veränderungen lassen sich gegenüber früheren Erhebungen zum Arbeits-, Beschäftigten- und Umweltbewusstsein feststellen?
  7. Mitbestimmung, Allianzen, Gestaltungsperspektiven: Wo und wie üben Beschäftigte und ihre Interessenvertretungen Einfluss auf Transformationsweisen und -ziele aus, wo kommt es zu Konflikten, Blockaden und neuartigen Allianzen? Wie werden etablierte Kräfteverhältnisse durch die sozial-ökologische Transformation beeinflusst? Welche Erfahrungen klimapolitischer Arbeitskämpfe sind bereits gemacht worden?
  8. Globale Perspektiven: Welche Ansätze gibt es, die sozial-ökologische Transformation global gerecht zu gestalten? Welche Forderungen und welche Erfahrungen von klimapolitischen Arbeitskämpfen bringen Akteure des Globalen Südens in die Debatte ein? Wie werden die globalen Wertschöpfungsketten durch die Umstrukturierung der Wirtschaftsweise verändert? Welche Veränderungen finden schon statt und welche Konsequenzen sind daraus für die Arbeitsverhältnisse in neu entstehenden, grünen Branchen zu erwarten? Welche gewerkschaftlichen Initiativen gibt es, um Arbeiter*innen entlang der globalen Wertschöpfungsketten der grünen Technologien zu organisieren.
  9. Utopien: Welche Ideen, Konzepte und Perspektiven für eine radikale sozial-ökologische Transformation sind in der wissenschaftlichen und politischen Debatte zu finden? Wie könnte eine nachhaltige Arbeitsweise aussehen, die die vorherrschende Produktions- und Lebensweise verändert? Welche Chancen könnte das für die Mitbestimmung und für Arbeitnehmer*innen bieten? Welche Akteure treten für welche transformativen Ideen ein? Welche Rolle können hier Gewerkschaften einnehmen?

Wir rufen zur Einsendung von Manuskriptangeboten auf, die die skizzierten Themenfelder aus wirtschafts-, sozial-, politik- oder rechtswissenschaftlicher Perspektive aufgreifen. Alle Einreichungen, die die Standards für ein Peer Review erfüllen, werden doppelt-blind begutachtet. Englischsprachige Beiträge sind willkommen. Sie werden in einer deutschen Übersetzung publiziert. Interessierte Autor*innen werden gebeten, das Zeichenlimit für Aufsätze (40.000 Zeichen inkl. Leerzeichen) wie auch unsere weiteren Redaktionshinweise zu beachten.

Bitte senden Sie Ihr Manuskript als unformatierte Word-Datei an die Redaktion der WSI-Mitteilungen:
claudia-czingon@boeckler.de

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